Wien – Der Umgang des Innenministeriums mit den Medien ist nach der Veröffentlichung von E-Mail- und SMS-Korrespondenz zwischen "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk und Mitarbeitern des Innenministeriums (BMI) weiterhin ein Thema.

Die Rechtsanwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD berät, sieht wie berichtet in der Angelegenheit "kein journalistisches Fehlverhalten" Klenks. Über die Veröffentlichung der Korrespondenz durch das Ministerium sagt Windhager, dass dies nach der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht zulässig sei.

Demnach ist die Verbreitung personenbezogener Daten – und digitale Korrespondenz beinhaltet solche – nur mit Einwilligung der betroffenen Personen erlaubt. Klenk wurde vom Ministerium aber nicht gefragt, ob seine Mails und SMS auf der Website des Ministeriums und in einer Aussendung veröffentlicht werden dürfen. Ein anderer Rechtfertigungsgrund für die Veröffentlichung sei nicht ersichtlich, sagt Windhager. Eine Behörde könne sich in Erfüllung öffentlicher Aufgaben nämlich auch nicht auf die Wahrung von "berechtigten Interessen" wie etwa der Abwehr von Kritik berufen. Gegen die Veröffentlichung könne daher eine aussichtsreiche Beschwerde an die Datenschutzbehörde eingebracht werden, so die Rechtsanwältin.

Das Ministerium reagiert nun mit einer Stellungnahme, die DER STANDARD vorliegt: Art. 6 DSGVO sehe als Grundlage für eine rechtmäßige Verarbeitung neben der Zustimmung des Betroffenen vor, dass die Verarbeitung unter anderem dann zulässig sei, wenn die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich sei, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Betroffenen übertragen wurde. Weiters heißt es: "Die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung im zweiten genannten Punkt muss jedoch durch Unionsrecht oder nationales Recht festgeschrieben sein. Es ist auch Aufgabe des Bundesministeriums für Inneres das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörde Bundesministerium für Inneres aufrecht zu erhalten. Dafür hat es die ausdrückliche Rechtsgrundlage des § 9 MedienG in Anspruch genommen, der auch Behörden das Recht auf Gegendarstellung einräumt."

Insoweit sei die Zulässigkeit der Veröffentlichung laut Innenministerium nicht von der Zustimmung des Betroffenen abhängig gewesen.

Sprecherin will sich nicht anmaßen, die eigene Arbeit zu beurteilen

Auch die "Kleine Zeitung" wollte wissen, ob das Veröffentlichen von Mails und SMS ein professioneller Umgang mit kritischen Journalisten sei und bekam von einer Sprecherin die Antwort, man fühle sich im Recht: "Das Mediengesetz räume auch der Behörde das Recht auf eine Gegendarstellung ein, daher sei die Veröffentlichung nicht von der Zustimmung Klenks abhängig."

Nachsatz auf die Frage, ob diese Vorgehensweise professionell sei: Man wolle sich nicht anmaßen, die eigene Arbeit zu beurteilen.

BMI: Briefgeheimnis und Urheberrecht nicht verletzt

Auf den Vorwurf, das Ministerium habe das Briefgeheimnis verletzt, anwortete ein Sprecher des BMIs dem STANDARD: "Das Briefgeheimnis hindert den Adressaten des Briefes nicht, diesen zu öffnen oder anderen zugänglich zu machen". Zudem sei nach wie vor strittig, ob das Briefgeheimnis auch auf E-Mails anwendbar ist.

Auch ein Urheberrechtsverstoß liege nicht vor. "Eine urheberrechtliche Fragestellung könnte sich nur dann auftun, wenn diese E-Mails als Werke der Literatur anzusehen wären; davon wird derzeit nicht ausgegangen", heißt es seitens des Ministeriums. Unten finden Sie die Begründung, die an den STANDARD ging, im Wortlaut.

"Vierte Säule"

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) streicht indes "unabhängig von der aktuellen Causa" die Bedeutung der Pressefreiheit hervor. Prinzipiell sei eine Einschränkung der Clearing-und Hygienefunktion der Medien in einer Demokratie "extrem gefährlich", warnte er.

"Ich habe die Medien immer als die zentrale vierte – nicht nur korrigierende sondern auch informierende – Säule der Demokratie erachtet", betonte der Wirtschaftskammerpräsident. Die Funktion der Medien im Sinne von Checks und Balances, auf die Finger schauen, Information, und auch von Bewertungen in Kommentaren sei unverzichtbar.

"Jegliche Einschränkung der Medienfreiheit, zu berichten, zu beobachten und auch zu kommentieren, wäre vor diesem Hintergrund also total kontraproduktiv", sagte Mahrer und wies darauf hin, dass der Bundeskanzler zur aktuellen Causa schon alles Relevante gesagt habe – ohne Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) namentlich zu nennen. "Ich würde ja viel offensiver von den Medien einfordern, bei den großen Zukunftsthemen aktiver Debatten anzuziehen, weil sie diese Funktion haben." (red, APA, 4.10.2018)