Wien – Ali G. versteht die Welt nicht mehr. "Das stimmt nicht. Bei Gott, das ist nicht wahr!", lässt der 23-Jährige übersetzen, als ihm Richterin Elisabeth Reich die Anklage darlegt. Der Iraker soll am 25. November im Club U am Karlsplatz Frauen belästigt und einer Schläge angedroht haben. In der Nacht vom 5. auf den 6. Mai soll er im Casablanca im Bermudadreieck einer Frau auf das Gesäß und die Brust gegriffen haben, einer anderen mit einer Bierflasche einen Bluterguss am Schienbein zugefügt und sich schließlich, nachdem er des Lokales verwiesen worden ist, mit Security-Mitarbeitern geprügelt haben.

Im Fall des Karlsplatzes gibt G. zu, betrunken gewesen zu sein und sich nicht mehr an alles erinnern zu können. Aber er sei ganz sicher das Opfer. "Ich stand draußen und habe mit einem Jungen gesprochen, plötzlich kam die Frau, gab mir einen Stoß und rief die Polizei." – "Warum sollte sie das machen?", will die Richterin von dem Unbescholtenen wissen. Er kann es sich nicht erklären.

Geschlossene Geburtstagsfeier im Extraraum

Eine mögliche Erklärung liefert Frau K., die Bedrohte. "Wir hatten in einem Extraraum eine private Geburtstagsfeier. Der Herr hat die ganze Zeit die Mädels abgecheckt und wollte nicht gehen." Es entwickelte sich ein Schreiduell, G. soll "Gehen wir hinaus! Ich schlag dich, ich schlag dich!" und "Du Schlampe" geäußert haben.

Der Angeklagte kann nur den Kopf schütteln. "Wie sind Sie denn, wenn Sie betrunken und in einem Club sind?", interessiert sich die Richterin. "Normal. Ich wollte mich amüsieren." – "Und akzeptieren Sie, wenn man sagt, dass Sie gehen sollen?" – "Natürlich. Ich habe eine Freundin", weist er jegliche Absichten zurück.

Im Casablanca soll er laut Anklage doch deutliches Kontaktinteresse gezeigt haben. Auch das dementiert er. "Gab es dort Probleme?", will Reich von ihm wissen. "Ich war drinnen, es war viel los. Ich habe zu meinem Bierglas gegriffen und habe ein wenig auf eine Frau geschüttet. Plötzlich hat das Mädchen die Security geholt. Draußen haben mich dann drei Securities verprügelt, ich wurde danach ins Krankenhaus gebracht."

Richterin mit praktischer Erfahrung

An dieser Stelle demonstriert die Richterin praktische Erfahrung mit Abendunterhaltung. "Ich wurde auch schon einmal mit einem Getränk angeschüttet. Warum soll die Dame deswegen gleich die Security rufen?", fragt sie. Dem Angeklagten ist das schleierhaft.

Auch hier können möglicherweise die Zeugenaussagen erhellend sein. Frau H., die nicht erschienen ist, hatte bei der Polizei angegeben, sie sei von G. am Gesäß und später an der Brust betatscht worden. Eine weitere Anwesende der damaligen Samstagnacht erzählt als Zeugin, der Angeklagte habe das beim Mitschunkeln zur Livemusik gemacht. Sie habe Frau H. gefragt, ob G. ihr Freund und ihr das recht sei, was die Angesprochene verneinte. Worauf die Zeugin den Angeklagten aufforderte, Frau H. in Ruhe zu lassen und er tatsächlich mit einem Freund in den hinteren Bereich des Lokals ging.

Offenbar nicht für lange, wie die nächste Zeugin, die 30 Jahre alte Frau S. schildert. "Meine Freundin ist aufs WC gegangen, ich habe das Bein halb über ihren Hocker gelegt, um ihn freizuhalten", erinnert sie sich. "Dann ist der Herr gekommen und hat mich angesprochen, ich habe gesagt, er soll mich in Ruhe lassen. Dann hat er gesagt, er will mich jetzt küssen, ich habe gesagt 'Sicher nicht!', da hat er sich vorgebeugt und mich auf die Wange geküsst."

Bluterguss durch Bierflasche

Frau S. drückte ihn weg, er kam zurück. "Dann hat er eine Bierflasche genommen und mir auf mein Schienbein geschlagen." Der Bluterguss ist fotografisch dokumentiert. Ihre zurückgekehrte Freundin verständigte die Kellnerin, die den Security-Mitarbeiter holte, der G. hinauskomplimentierte.

"Wie erklären Sie sich das? Jetzt habe ich schon drei Frauen gehört, die gesagt haben, sie hätten sich unerwünscht genähert. Hat sich die Damenwelt gegen Sie verschworen?", wundert sich die Richterin gegenüber dem Angeklagten. Er weiß keine Antwort. Aber er betont, keine Flasche gehabt zu haben, sondern sein Bier aus einem Glas getrunken zu haben. Interessanterweise sagte aber auch sein nicht mehr in Österreich aufhältiger Bekannter, mit dem er im Lokal war, zur Polizei, dass G. eine Flasche hatte.

Auch die involvierten Security-Kräfte sind nicht erschienen, dafür eine Polizistin, die damals alarmiert worden ist. Sie erinnert sich an turbulente Szenen und dass G. geblutet habe. Er sei aggressiv und aufgebracht gewesen, sagte aber zunächst nichts von einem Angriff durch die Türsteher. Vielmehr beschwerte er sich: "Die wollen mich nicht reinlassen", habe er gesagt, während er versuchte, zu den Türstehern, von denen einer ebenfalls verletzt wurde, zu gelangen.

Um Frau H. und die Security-Mitarbeiter befragen zu können, wird auf den 25. Oktober vertagt. (Michael Möseneder, 5.10.2018)