Riga – In Lettland sollen mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Sowjetunion die verbliebenen Dokumente und Akten des früheren sowjetischen Geheimdienstes KGB veröffentlicht werden. Das Parlament in Riga hat beschlossen, dass das Lettische Nationalarchiv bis Jahresende auf seiner Webseite die ersten der gut 25 Jahre unter Verschluss gehaltenen Unterlagen veröffentlichen soll.

Demnach sollen zunächst Telefonlisten von KGB-Mitarbeitern, ein Katalog externer Mitarbeiter sowie ein statistischer und ein alphabetischer Index der Behörde online publik gemacht werden. Dies bedarf aber noch der Zustimmung von Staatspräsident Raimonds Vejonis.

Umstrittener Umgang

Mit dem Gesetzesbeschluss könnte ein Schlussstrich unter eine jahrzehntelange öffentliche Debatte gezogen werden. Der Umgang mit dem Erbe des kommunistischen Spitzeldienst bewegt das baltische EU- und NATO-Land schon seit der wiedererlangten Unabhängigkeit 1991. Was mit den KGB-Akten geschehen soll, spaltet bis heute die lettische Gesellschaft und wurde zu einem Politikum.

Viele Letten wollen die Dokumente unbedingt veröffentlicht sehen – für sie sind die Akten der Schlüssel, um die dunkle Vergangenheit zu überwinden. Andere wiederum wollen die gesamte Hinterlassenschaft des KGB am liebsten einfach vernichten. Sie befürchten gesellschaftliche Verwerfungen, wenn die Namenslisten offengelegt werden.

Unvollständige Akten

Die Brisanz der KGB-Akten ergibt sich vor allem aus deren Unvollständigkeit. In Lettland verblieben nach dem Abzug des KGB nur wenige Akten und Dokumente sowie Listen mit Namen von KGB-Agenten. Brisantes Material wurde zuvor vernichtet oder nach Moskau geschafft. Bis heute sind viele Kollaborateure nicht enttarnt.

Staatschef Vejonis will den Parlamentsbeschluss nun eingehend prüfen. Generell unterstützt er eine Veröffentlichung der Unterlagen. "Es stellt sich jetzt die Frage, wie es gemacht wird. Es ist wichtig, dass die Informationen, die veröffentlicht werden, korrekt und im besten Interesse der Gesellschaft sind", sagte er der lettischen Nachrichtenagentur Leta. (APA, 5.10.2018)