Wien – "Kickl, Du Trump!", heißt es auf einem Schild. Aus dem Lautsprecher schallt "Basti, ciao, ciao, ciao!" – eine Anspielung auf Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und das zum Sommerhit gewordene Partisanenlied "Bella ciao".

Donnerstagabend am Ballhausplatz. Neugierige Zuseher, Chorsänger und mit Fahnen und Taferln ausgestattete Demonstranten drängeln vor einer kleinen Bühne. Passanten schieben sich mit dem Fahrrad durch die Menge, mit einem gequälten Gesicht. Der Platz zwischen Bundeskanzleramt und Präsidentschaftskanzlei ist gut gefüllt, ein Chor beginnt trotzig-kämpferische Lieder zu singen. Danach fragt einer der Veranstalter die Menge: "Um was geht es?" – "Um unsere Zukunft", schallt es zurück. Später hört man: "Wen müssen wir dafür stürzen?" – Die Vorschläge der Versammelten reichen vom Innenminister bis zur gesamten Regierungsriege.

Tausende am Ballhausplatz: Gegen die Bundesregierung wird wie vor 18 Jahren demonstriert.
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Und wie vor 18 Jahren hallt der Ruf "Widerstand, Widerstand!".

Das Ritual kehrt wieder

Der zivilgesellschaftlich organisierte Protest gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung soll ab diesem Donnerstag wöchentlich stattfinden. Nicht immer werden sie am Ballhausplatz bleiben, für nächste Woche ist ein Marsch zum Urban-Loritz-Platz durch die Stadt geplant.

Ab nun – so das Ziel – will man jeden Donnerstag gegen die türkis-blaue Koalition auf die Straße gehen.
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Es gibt Kapperln mit der Aufdruck "Donnerstag", auf Buttons steht "Do!", die Organisatoren wollen augenscheinlich eine Marke schaffen und an die "Donnerstagsdemos" aus den frühen 2000er-Jahre anschließen. Den Angaben der Organisatoren zufolge sind rund 20.000 Menschen an diesem Abend am Ballhausplatz. Die Exekutive geht von 3000 bis 4000 Demonstranten aus. Die von den Veranstaltern genannte Zahl sei deutlich zu hoch gegriffen.

Bei dem Protestaufruf handelt es sich um eine Initiative von Privatpersonen. Die Kosten für Bühne und Technik wurden aus privaten Spenden getragen. Unter die Demonstranten hatten sich verschiedene Organisationen gemischt, von SOS Mitmensch über die Linkswende bis hin zu den Grünen, deren Bundessprecher Werner Kogler sehr nahe bei der Bühne stand. Auf Transparenten wurde immer wieder besonders Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) kritisiert, zu lesen war: "Kickl, Du Trump!", "Kickl muss weg" oder "Heast Kickl, wüst an Wickl?".

Wie ein Familientreffen der Regierungsgegner

Als Redner traten unter anderem die Autorin Stefanie Sargnagel, Schauspielerin Erni Mangold und Monika Salzer von der Organisation "Omas gegen rechts" auf. Salzer warnte bei ihrem Redebeitrag davor, dass die funktionierende parlamentarische Demokratie "in Gefahr" sei – gefährdet durch die Bundesregierung sowie durch "faschistische Kräfte". "Es brennt der Hut", sagte Salzer und warnte vor einer "Hochzeit des Faschismus".

Wieder "Widerstand, Widerstand" am Ballhausplatz.
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Die Donnerstagsdemos scheinen bei einigen Teilnehmern ein vertrautes Gefühl aufkommen zu lassen, "so wie vor achtzehn Jahr samma wieder da", schnappt man des öfteren aus der Menge auf, die nun sich nun ganz dem Protest widmet. Die Stimmung ist friedlich, heiter und – erwartungsvoll. Nächsten Donnerstag will man ja wieder zusammenkommen, der Gegner dürfte ja auch längere Zeit derselbe bleiben. (Aaron Brüstle, 4.10.2018)