Das Land befindet sich in einer faszinierenden Schwebe zwischen "mit Vollgas den Bach hinunter" und "back to the future", als die Zukunft noch Vergangenheit war. Der Schwebezustand hat etwas von Schrödingers Katze. Solange man die Kiste nicht ganz geöffnet hat, weiß man nicht, wie weit die Veränderung geht. Die Schulnoten werden wieder eingeführt. Das Rohrstaberl fehlt noch, und die Sonne dreht sich vorläufig auch nicht um die Erde.

Gleichzeitig errichtet und feiert mit einer Rede des Vizekanzlers demnächst die FPÖ ganz privat den metallenen Körper (der ursprünglich eine Badende darstellte) einer Trümmerfrau: ein Narrativ, das historisch bereits mehrfach widerlegt worden ist, und vermutlich deren einziges Frauenbild der geduldeten Selbstständigkeit. Das Frauenvolksbegehren hält dagegen. Wurde allerdings von keiner Ministerin, und schon gar nicht jener, die für Frauen zuständig ist, unterschrieben. Die Zertrümmerfrauen sind zu sehr damit beschäftigt, das bisher Erreichte wieder in Schutt und Asche zu legen, um auf Begehrlichkeiten anderer dahergelaufener Bürger und Bürgerinnen zu achten.

Diese Dahergelaufenen formieren sich nun wieder donnerstags völlig pferdefrei zu öffentlichem Auftritt. Wenn das Zwischenmenschliche, das Verantwortliche, das faire Miteinander in der Politik mit Karacho flöten gehen, ist es Zeit, der Kakophonie andere Stimmen entgegenzusetzen: Protestkultur ist in Österreich durchaus noch ausbaufähig. Und ich befürchtete schon 2012, die Österreicher würden im Falle des Falles um soziale Gerechtigkeit hudeln und den Kampf recht bald zugunsten von frischen Powidltascherln in sonnengelben Butterbröseln verwerfen.

Vielleicht lassen mich die wohlgeborenen Österreicher und Österreicherinnen aber auch gewaltig irren. (Julya Rabinowich, 5.10.2018)