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Die Bawag pumpte Phillip Bennett 350 Millionen Euro. Wie das lief, hat die Staatsanwaltschaft lange geprüft.


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März 2006. Die Gewerkschaftsbank Bawag ist am Umfallen. Gerade erst wurden die "Karibik-Verluste" der Bank aus den Kreditgeschäften mit dem in den USA lebenden Wolfgang Flöttl bekannt. Sie sind total schiefgegangen. Versteckt wurden die Milliardenverluste jahrelang in einem Geflecht aus Briefkastenfirmen und Stiftungen in den Steuerparadiesen dieser Welt.

1. Mai 2006: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Finanzminister Karl-Heinz Grasser verkünden die Rettung der Bank, durch eine Staatshaftung über 900 Millionen Euro. Großbanken und Versicherer schießen 450 Mio. Euro Eigenkapital ein.

Schau-Sparbücher

2. Mai: Die hohe Politik beweist dem kleinen Sparer ihr Vertrauen in die Bank des ÖGB. Schüssel, Grasser, der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider eröffnen Bawag-Sparbücher.

14. Mai 2007: Die Bank wird an US-Fonds Cerberus verkauft. 2010 ist das Gerichtsverfahren gegen Ex-Bawag-Chef Hemut Elsner, seinen Nachfolger Johann Zwettler und andere zu Ende. Die meisten Ersturteile werden aufgehoben, Elsner und Zwettler sind haftuntauglich. Ins Gefängnis muss nur ein früherer "kleiner" Vorstand.

Und wie kam alles ans Licht? Durch den Refco-Blitzkredit.

Am 10. Oktober 2005 – also vor 13 Jahren – hatte die Bawag unter Zwettler dem New Yorker US-Brokerhaus Refco (bzw. einer privaten Subgesellschaft) von Phillip Bennett quasi über Nacht 350 Millionen Euro gepumpt.

Keine Rückholung möglich

Was die Bawag-Leute damals nicht wissen: Der vormalige Kapitalmarktstar Bennett hatte Riesenverluste gebaut und versucht, sie zu vertuschen. Zur Zeit der Blitzüberweisung aus Wien war er schon suspendiert, sein Unternehmen fiel wenige Stunden später um. Kaum kommen Zwettler und Co drauf, dass das Brokerhaus, an dem die Bawag vorübergehend selbst beteiligt gewesen ist, pleite ist, versuchen sie, das Geld zurückzuholen. Vergeblich.

Was den Wiener auch nicht bekannt ist: Vor den Computern Bennetts (der später 16 Jahre Haft ausfassen wird) sitzen längst Ermittler und verfolgen den Zahlungseingang mit Argusaugen. Jeder Cent soll den Refco-Gläubigern zufließen, ein – eigentlich noch mögliches – Zurückholen des Kredits spielt es daher nicht. Das Geld der Bawag ist dahin.

Anklagen möglich

September 2018: Im Justizministerium in Wien trudelt ein Vorhabensbericht zur Causa Refco ein. Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien ermittelt seit 2006 rund um die Vergabe der Millionen – nun sind ihre Ermittlungen zu Ende. Und: Angeblich will die StA Wien Anklage erheben. Bestätigung dafür gibt es allerdings nicht.

Ermittelt wurde zuletzt gegen sieben Beschuldigte, es geht um den Verdacht auf Betrug, Untreue und Bilanzfälschung. Denn so schnell der Kredit vergeben wurde, so unorthodox und diskret gingen die Banker damals vor. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die Ermittlungen gegen Elsner wurden schon vor Jahren eingestellt: Er hat bereits im Verfahren über die Karibikverluste die Höchststrafe (zehn Jahre) ausgefasst.

Bennett hatte am 5. Oktober 2005 einen alten Freund angerufen, der bis 2002 in der Bawag und danach bei Refco gearbeitet hat. Der ließ die Wiener Banker wissen, dass sich Bennett bei ihnen melden würde, was noch am gleichen Tag geschah.

Ministerium prüft

Zwettler und Co handelten die Details aus: Bennett verpfändete ihnen 34 Prozent von Refco im Wert von damals einer Milliarde Euro. Am Sonntag, den 9. Oktober, nickten drei Vorstandsmitglieder den Kreditbeschluss ab, der Gesamtvorstand tat es drei Tage später – einen Tag, nachdem Bennett in New York bereits verhaftet worden war.

Nun, zehn Jahre nach den verhängnisvollen Tagen, prüft das Ministerium den StA-Bericht. (Renate Graber, 6.10.2018)