Fragen werden beantwortet, und neue Fragen tun sich auf: Vieles ist noch unklar in der BVT-Affäre.

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Die Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT), die Beweise im Strafverfahren gegen mehrere Staatsschützer sichern sollte, wird zunehmend selbst zum Thema für die Justiz. Bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg sind Verfahren gegen 12 Personen anhängig, die rund um die Razzia eine tragende Rolle spielten. Die Behörde prüft den Anfangsverdacht unter anderem gegen Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber, Razzia-Polizeieinheitsleiter Wolfgang Preiszler und die fallführende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer.

Einer der beschuldigten Nachrichtendienstmitarbeiter hat zudem vor Kurzem ein Kabinettsmitglied von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) angezeigt. Es handelt sich um jenen Mann, der zwei der vier "anonymen Zeugen" zu ihrer Aussage vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als Vertrauensperson begleitet hat. Die Aussage dieser Zeugen war ein Auslöser für die Razzia.

"Aufgebauter Zeitdruck"

Den Auftritt des Kabinettsmitarbeiters hat Schmudermayer am Tag danach, den 23. Februar, im sogenannten Tagebuch der WKStA beschrieben. Dem von ihm "aufgebauten Zeitdruck (falls kein baldiges Einschreiten erfolgt, sollen nächste Woche Suspendierungen erfolgen) wird jedenfalls nicht nachgegeben, wenngleich unabhängig davon im Hinblick auf die Beweisvernichtung ... ein rasches Vorgehen sinnvoll erscheint". Laut Anzeige habe der Mitarbeiter die WKStA "bedrängt" und der Staatsanwältin angeboten, über Goldgruber für mehr Budget, Personal und materiell bessere Ausstattung zu sorgen – "wenn dies für die Erlassung der begehrten Anordnungen und Informationen gegen den Anzeiger nötig oder erforderlich sei".

Am 1. März hielt Schmudermayer ein Telefonat fest, in dem der Mann gesagt habe: "Sollten wir ein finanzielles Problem haben, betreffend der Beschaffung der nötigen Ausrüstung, so könnte Kickl Moser (Justizminister; Anm.) jederzeit anrufen. Das betrifft auch die personelle Ausstattung."

In den Augen des BVT-Mitarbeiters und seines Anwalts Johannes Neumayer erfüllt dieses Verhalten den Tatbestand der Vorteilszuwendung. Der Kabinettsmitarbeiter, für den die Unschuldsvermutung gilt, war nicht zu erreichen. Im Innenministerium heißt es, man erteile zu laufenden Verfahren "keine Auskunft". In der Staatsanwaltschaft Korneuburg wurde die Anzeige offenbar noch nicht erfasst, ein Sprecher konnte den Fall nicht bestätigen.

Gerichtspräsident dementiert

Der Präsident des Straflandesgerichts Wien, Friedrich Forsthuber, weist nun zurück, schon vorab von der Razzia im BVT gewusst zu haben. Er habe von der WKStA zwar den Hinweis erhalten, dass "ein sensibles Verfahren" gegen "hochrangige Mitarbeiter des Innenministeriums" geführt werde, und dass man in Kürze einen Antrag auf Zwangsmaßnahme stellen werde. Dass es dabei um eine Razzia geht und dass diese Razzia im BVT stattfinden solle, habe er erst am Tag nach der Hausdurchsuchung erfahren. Zuvor war Gegenteiliges berichtet worden.

FPÖ sieht keinen Skandal

Abgeordnete der FPÖ stellen sich indes schützend vor ihren unter Beschuss geratenen Parteikollegen und Innenminister Herbert Kickl. Für ihn habe sich der BVT-Skandal "in Luft aufgelöst"sagt der blaue U-Ausschuss-Fraktionsführer Hans-Jörg Jenewein.

Das sorgt für Häme bei der Opposition. Die SPÖ nominierte die FPÖ-Abgeordneten "für den Großen Aluhut 2018". Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper warf der FPÖ vor, "nur an billiger Parteipolitik" interessiert zu sein. Tatsächlich hatte die Neos-Politikern im U-Ausschuss aufgezeigt, dass große Diskrepanzen zwischen den Wahrnehmungen von Staatsanwaltschaft und Kickl bestehen. Auch, was die Gründe für die übereilte Razzia betrifft, gibt es noch offene Fragen, wie die Neos zeigten (siehe Wochenrückblick unten). Die FPÖ argumentierte hingegen, die Opposition mache "aus jeder Mücke einen Elefanten". (Renate Graber, Fabian Schmid, Maria Sterkl, 7.10.2018)