Im Netz ist es ein Leichtes, sich als jemand anderes auszugeben, als man wirklich ist.

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Die Persönlichkeit, die man online pflegt, entspricht oft nicht ganz der Realität. Gerade auf Tinder, aber auch auf Instagram, stellen sich Nutzer oft weitaus positiver dar, als sie in Wirklichkeit sind. Eine effektive Möglichkeit, Behauptungen zu prüfen, gibt es nicht, vor allem nicht, wenn Ersteller auch sonst vorsichtig mit den Inhalten umgehen, die sie online preisgeben. Einen besonders ausgeklügelten Fall moderner Heiratsschwindelei illustriert aktuell das "Süddeutsche Zeitung Magazin" in einem Bericht.

Darin beschreibt die Autorin eine Beziehung zu einem Mann, den sie auf Tinder kennengelernt hatte und der zunächst nett und unterhaltsam, jedoch distanziert wirkte. Zumeist traf er sich mit ihr in Cafés, schlief dann bevorzugt bei ihr zu Hause und gab immer wieder an, seine Geldbörse vergessen zu haben, sodass sie Mahlzeiten oder Getränke zahlen musste.

Mann wich Fragen aus

Er gab sich als Philosophiedoktorand aus, Informationen dazu fand sie aber keine und persönlich wich er der Frage immer wieder aus. Auf Nachfrage reagierte er, obwohl er sonst versuchte, die Beziehung in kürzester Zeit voranzutreiben, verärgert und machte ihr Vorwürfe, dass sie – wie seine Ex-Freundin zuvor – eifersüchtig sei. Nach einiger Zeit wurde die Autorin stutzig und kontaktierte seine ehemalige Partnerin über Instagram, nachdem er ihr zuvor deren Profil gezeigt hatte.

Mehrere Frauen gleichzeitig

Wie sich herausstellte, war der Mann stets mit mehreren Frauen gleichzeitig in einer romantischen Beziehung und nutzte sie sie emotional und finanziell aus. So lebte er bei ihnen zu Hause, ohne Miete zu zahlen – in einem Fall sogar bei einer unter 20-Jährigen – und nutzte die Wohnungen sogar, um Dates zu treffen, während seine Partnerinnen anderswo, etwa in der Arbeit, waren.

Eine Frau hatte ihn erwischt, als er sein Handy beim Duschen vergessen hatte und sie mehrere Nachrichten fremder Frauen aufscheinen sah. Sie hängte die Familienfotos an der Wand in einer bestimmten Reihenfolge auf, die sie sich merkte, fand sie aber später in einer anderen und entdeckte leere Weinflaschen, obwohl sie wusste, dass er keinen Alkohol trinkt.

Schwer verschuldet und mit Kind

Klagen waren bisher kaum erfolgreich, da er sich Geld zumeist in bar auslieh, sodass sich nichts beweisen ließ. Wie weitere Recherchen ergaben, hat der Mann ein Kind, dem er keinen Unterhalt zahlt, und ist schwer verschuldet. Zudem wurde bei ihm eine narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Seinen Tag verbringt er zumeist mit seinem Smartphone, wo er zahlreiche Frauen gleichzeitig anschreibt und Notizbücher über sie führt. Er hat nicht studiert und hat kein Abitur. Insgesamt entdeckte sie, sich selbst mit eingeschlossen, 19 Betroffene, wobei noch mehr zu erwarten sind.

Solche Fälle sind keine Seltenheit

Fälle wie diese sind keine Seltenheit, wenngleich sie sich häufig nicht in dieser Schwere ereignen. Etwa droht aktuell einem kalifornischen Mann in den USA eine Haftstrafe von 15 Jahren, weil er sich mit Frauen, die er über Dating-Apps kennenlernte, traf, teures Essen bestellte, konsumierte und daraufhin die Flucht ergriff.

Nachdem er aufgegessen hat, soll er eine Entschuldigung gegeben haben, um seinen Tisch zu verlassen – etwa, dass er kurz telefonieren, sein Ladekabel holen, oder auf die Toilette müsse – um dann unbemerkt die Flucht zu ergreifen. Seine Bestellungen kosteten je nach Fall zwischen 81 und 250 US-Dollar.

Internetbetrüger

Zudem kommt es immer wieder zu Fällen von Internetbetrügern, die sich gar nicht erst mit ihren Opfern treffen, sondern ihnen online näherkommen, um sie dann etwa finanziell auszuschlachten. Erst kürzlich wurde ein solcher Fall in Österreich bekannt: Eine 58-jährige Oberösterreicherin hatte geglaubt, im Netz die große Liebe gefunden zu haben. Ein Unbekannter erzählte ihr regelmäßig Lügengeschichten und erschlich sich auf diese Weise insgesamt 65.000 Euro – die Frau hatte dafür teilweise sogar einen Kredit aufgenommen. Zuvor fiel eine 51-jährige auf einen Mann herein, der sich ebenfalls romantisch annäherte und insgesamt 95.000 Euro bekam. (red, 7.10.2018)