Gerken fordert einen Stopp der "Subventionsorgie" für den Glasfaserausbau in Deutschland.

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Es sind harte Worte, mit denen sich der Volkswirtschafts-Professor Lüder Gerken im Hamburger Abendblatt gegen einen flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes in Deutschland wendet. Diese sei "planwirtschaftlicher Aktionismus" seitens der Regierung. Er sieht wenig Grund, klassische Kupferleitungen zu ersetzen.

Kupfer soll schnell genug sein

Denn, so erklärt Gerken, es stehe in Aussicht, künftig auch Transferraten von 1.000 Mbit/s über die bestehenden Leitungen zu bewerkstelligen. Damit sei nicht klar, ob die Kupfernetze nicht auch noch längerfristig den Bedarf abdecken könnten.

Außerdem ortet er fehlende Nachfrage. 42 Prozent der Deutschen würden nicht für einen entsprechenden Anschluss zahlen wollen. Außerdem seien drei Viertel jener Haushalte, die bereits Zugang hätten, nicht interessiert. Weiters übt er Kritik an der politischen Vorgangsweise des Ausbaus. Die hohen Bandbreiten bräuchten ohnehin nur bestimmte Unternehmen, daher sollten auch diese die Erweiterung anstelle von Steuerzahlern und Mobilfunkern finanzieren. Es gäbe keinen Anlass für die "Subventionsorgie".

Kupfer wohl nicht zukunftsfit

Eine Argumentation, die man bei Golem allerdings für lückenhaft befindet. Was stimmt: Von den verfügbaren 2,7 Millionen Glasfaseranschlüssen werden demnach etwas mehr als ein Viertel beansprucht. Ein Wert, der allerdings im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen ist. Gleichzeitig ist aber die Nutzungsrate für Vectoring, also das "beschleunigte Kupfernetz", bei zehn Millionen verfügbaren Anschlüssen sogar etwas niedriger.

Man verweist weiters darauf, dass aktuell 1.000 Mbit/s für Kupferleitungen nicht in Reichweite sind und auch Netzwerkausrüster wie Huawei keine Alternative zur Verlegung von Glasfaser bis in die Wohngebäude (FTTH). Zudem erwartet der Bundesverband Breitbandkommunikation, dass die durchschnittliche nachgefragte Bandbreite bis 2025 auf einen Gigabit/s im Download und 700 Mbit/s im Upload ansteigen werde. Ein Bedarf, der mit Kupferleitungen aller Voraussicht nach nicht erfüllbar wäre.

Konsens pro Ausbau

Eine Untersuchung des Providerverband Bitkom ergibt, dass 45 Prozent der Anschlussinhaber Glasfaser legen lassen würden, wenn es über Förderungen vergünstigt würde. Der Betreiber Unitymedia meldet außerdem, dass die durchschnittliche gebuchte Anschlussgeschwindigkeit mittlerweile bei 101 Mbit/s und somit 30 Prozent höher, als im Vorjahr liegt.

Gerken dürfte, so merkt man bei Golem an, mit seiner Meinung nicht mehrheitsfähig sein. Denn selbst die Deutsche Telekom, die stark für Vectoring eingetreten ist, plant bereits einen umfassenden Glasfaserausbau.

FTTH in Österreich kaum Thema

In Österreich ist ein Glasfaserausbau nicht zuletzt der 5G-Pläne von Regierung und Providern ein wichtiges Thema in der Verbesserung der Breitbandversorgung. Bis 2025 soll flächendeckend schnelles Internet verfügbar sein, was auch einen Ausbau der Glasfaserinfrastruktur voraussetzt.

Dabei geht es allerdings um die Verwendung der neuen Leitungen als Grundgerüst für den neuen Mobilfunkstandard. Eine breite Versorgung mit FTTH abseits von Ballungszentren sowie Bildungseinrichtungen und Betrieben ist nicht vorgesehen. (red, 16.11.2018)