Wien – Schon bei der EM 2016 wurde er gefeiert wie kaum ein anderer – und das, obwohl er bei dem Turnier gar nicht zum Einsatz kam. Die Popularität von Will Grigg fußt weniger auf seinen Heldentaten im nordirischen Teamdress als auf einem Fan-Song, der vor zwei Jahren Kultstatus erlangte.

EM-Sommerhit 2016

Will Grigg's on fire war damals der Sommerhit in Frankreichs Stadien und Fanmeilen und wurde selbst von Anhängern gegnerischer Teams mit Inbrunst geschmettert. Den Ursprung hatte das Lied im beschaulichen englischen Städtchen Wigan, in dem Jahre zuvor auch Paul Scharner sein Wesen getrieben hatte. 2013 war Wigan mit Scharner der erste Verein, der gleichzeitig – durch ein 1:0 im Finale gegen Manchester City – den FA-Cup gewann und absteigen musste.

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2015 ging es noch eine Stufe tiefer, 2016 gelang aber postwendend der Wiederaufstieg in die zweithöchste Spielklasse – dank Grigg, der 25 Tore erzielte, was Wigan-Fan Sean Kennedy dazu inspirierte, die 1990er-Jahre-Disconummer Freed from desire der italienischen Sängerin Gala zu einer Liebeserklärung an den Stürmer umzutexten. Das Resultat sorgte via Youtube für Begeisterung, zunächst in Wigan, dann in Nordirland, schließlich auf der ganz großen Bühne.

Lied als Last

Während der nordirischen EM-Partien erschallte Will Grigg's on fire in regelmäßigen Abständen, was dem Protagonisten des Lieds aber nicht wirklich half. Teamchef Michael O'Neill setzte Grigg in keinem der vier Spiele ein. Nicht einmal im Achtelfinale gegen Wales, als der Choral besonders laut erklang, ließ sich der Coach erweichen.

"Der Song ist großartig, und unsere Fans sind es auch. Aber ich lasse mir von ihnen nicht vorschreiben, wen ich aufstelle, und Will ist eben als Stürmer nur unsere vierte Wahl", sagte O'Neill. Beim 0:1 brachte er kurz vor Schluss lieber einen bulligen Kicker namens Joshua Magennis, der einst bei Cardiff City vom Tormann zum Stürmer umgeschult worden war.

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Die damalige Ignoranz seines Trainers könnte durchaus mit der Fan-Hymne zu tun gehabt haben, vermutete Grigg kürzlich in einem Interview mit dem Guardian. "Es war für mich bei der EM und danach definitiv ein Hindernis. Vielleicht musste der Trainer ein bisschen zu viele Fragen über das Lied beantworten."

Durch den Hype um Will Grigg's on fire rückte der Fußballer Will Grigg bei der EM in den Hintergrund. "Ich hatte einen Medientermin nach dem anderen, was auch okay war, aber ich wollte einfach nur spielen, und das ist nicht passiert. Bei der EM zu sein war ein Höhepunkt, aber auch ein Tiefpunkt meiner Karriere. Ohne Einsatz zu bleiben war niederschmetternd."

Daher sieht Grigg seinen Song mit gemischten Gefühlen. "Er ist ja wegen meiner guten Form entstanden, und es war toll, meinen Namen im Stadion zu hören." Der 27-Jährige weist auf einen karitativen Aspekt hin: Die vom House-Duo Blonde im Mai veröffentlichte Version von Will Grigg's on fire schoss in den iTunes-Charts in die Top Ten, die Einnahmen daraus kommen dem Kampf gegen eine seltene genetische Erkrankung zugute.

Einsatz gegen Österreich offen

Bis heute fließt Geld in diese Stiftung, da sich das Lied nach wie vor großer Beliebtheit erfreut. Auch am Freitag (20.45 Uhr, ORF 1 und im Live-Ticker), wenn Nordirland in der Nations League im Happel-Stadion gegen Österreich antritt, könnte es ertönen, und auch dort muss Grigg vielleicht von der Ersatzbank aus zuhören. Sein Stammplatz gegen Österreich ist alles andere als fix, drei Tore für Wigan in neun Zweitliga-Partien in dieser Saison sind nicht gerade eine beeindruckende Visitenkarte.

Immerhin gelang dem zwölffachen Teamspieler (zwei Tore) der Ehrentreffer bei der 1:2-Heimniederlage zum Nations-League-Auftakt gegen Bosnien-Herzegowina. Und im Februar war Grigg gegen Manchester City "on fire" – sein Tor besiegelte das Aus des Meisters in der fünften FA-Cup-Runde. Von 0:1-Niederlagen gegen Wigan kann City mittlerweile schon ein Lied singen. (APA, fri, 9.10.2018)

Will Grigg hat es in einen Song, in die Herzen und auf die Transparente der nordirischen Fans geschafft. In die Startelf schafft er es selten.
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