Mode in Familienhand: Beim Grazer Traditionshaus Kastner & Öhler sitzt die fünfte Generation im Chefsessel.

Foto: APA

Wien – Martin Wäg erinnert sich gern an die Werkzeugabteilung von Kastner & Öhler zurück: Als Kind habe er da seine Liebe zum Handwerk entdeckt. Es war die Zeit, in der es an großen Baumärkten fehlte, Möbelketten erst im Aufbau begriffen waren und Parfümerie- wie Spielzeugkonzerne in den Kinderschuhen steckten. Wägs Familie führte damals die größten Warenhäuser des Landes. Ihre Devise hieß: Alles unter einem Dach.

Doch das ist Geschichte. Kastner & Öhler hat sich von der bunten Palette an Sortiment längst getrennt. Mode und Sport sind die zwei Standbeine, auf welche sich die mittlerweile fünfte Generation des Familienbetriebs zur Gänze stützt. Dass Warenhäuser hierzulande eine Renaissance erleben, glaubt Wäg nicht. Zu komplex sei das Umfeld, auf dem sie gedeihen.

Auf die Lage kommt's an

Es braucht das richtige Haus dafür und die richtige Lage, sagt er. Das Ambiente müsse ebenso stimmen wie das Sortiment. Nicht zu vergessen der klingende Name. Das alles gut hinzubekommen sei keine einfache Aufgabe – was der Blick nach Deutschland aus seiner Sicht bestätigt: Viel wurde da von den bestehenden großen Kaufhäusern über zwei Jahrzehnte hinweg verschlafen. Ganz anders als etwa in den USA, Asien, England und Frankreich: Da sei die Welt der Warenhäuser noch ein Stück weit in Ordnung.

Für Wäg war der Weg von Kastner & Öhler hin zur Spezialisierung der einzig richtige, an dem er auch 14 Jahre nach der Weichenstellung nicht rüttelt. 33 Standorte führt seine Familie von Graz aus, nahezu alle unter den Namen Kastner & Öhler und Gigasport. Chancen zu expandieren sieht er vor allem im Sporthandel, obwohl neue internationale Anbieter wie XXL und Decathlon um ein großes Stück vom Kuchen kämpfen.

Duell der Diskonter

Gigasport investierte jüngst drei Millionen Euro in die Modernisierung seines Standorts in Brunn am Gebirge im Süden Wiens. Abseits des Duells der Diskonter will sich das Unternehmen hier im gehobenen Fachhandel behaupten. Der Onlinehandel wird als noch kleine, wenn auch rasant wachsende Pflanze gehegt. Ziel ist es, Schritt für Schritt auch die übrigen Filialen zu verjüngen. Überdies gebe es Gespräche um zusätzliche Sporthäuser, sagt Gigasport-Chef Andreas Zinschitz. "Wir werden dabei aber sicher nicht auf Teufel komm raus wachsen." Die aggressive Expansion manch Mitbewerbers sei weder gewollt noch verständlich. Gigasport hat in der Vergangenheit einiges Lehrgeld gezahlt. Da war zum einen die Kooperation mit dem britischen Diskontriesen Sports Direct: Zwei Jahre sollte sie währen, nach neun Monaten wurde sie aufgrund wirtschaftlichen Misserfolgs abrupt beendet. "Es war kein Land in Sicht", sagt Zinschitz. Er habe die Differenz zwischen Diskont und hochwertiger Ware unterschätzt. "Es hat weniger funktioniert als in schlimmsten Träumen befürchtet."

Schlussstrich unter Osteuropa-Expansion

Fünf Jahre ist es her, dass er einen Schlussstrich unter das Abenteuer Osteuropa zog. Als erster österreichischer Sporthändler war Gigasport einst nach Tschechien und in die Slowakei gezogen, kam dort aber wie viele andere westeuropäische Einzelhändler nicht vom Fleck, während die Verluste wuchsen. Einen zweiten Anlauf in benachbarte Ostländer schließt Wäg aus heutiger Sicht aus.

Idealere Partner fand Gigasport bei Sport 2000: Die beiden Handelsgruppen arbeiten in der Verrechnung, bei großen Lieferanten und Eigenmarken zusammen. Einen guten Start legte Wäg zufolge auch die Modelinie Infected hin. Eine erste Filiale eröffnete in Linz. Innerhalb eines Jahres wird entschieden, ob das Konzept auf weitere Shops ausgedehnt wird.

Kastner & Öhler setzt in Summe mit 1600 Mitarbeitern 270 Millionen Euro um und erzielt laut der jüngst veröffentlichten Bilanz Gewinne. Wie hält eine wachsende Familie ein gemeinsames Unternehmen über fast 150 Jahre zusammen? Wäg: "Über genau festgelegte Spielregeln. Jedem sind seine Rechte und Pflichten klar." (Verena Kainrath, 10.10.2018)