Herr K. plant schon seit einiger Zeit die Errichtung eines Eigenheims. Kürzlich stieß er in einer Regionalzeitung auf eine Anzeige, die sein Interesse weckte: Ein großes, namhaftes Unternehmen warb damit, Fertighäuser zu bauen. Herr K. war interessiert und erkundigte sich beim Unternehmen genauer, allerdings kamen ihm rasch Zweifel, ob sich das Angebot tatsächlich auf ein Fertighaus bezog. Er wollte zumindest sicherstellen, dass er vor Abschluss eines Vertrages über alle notwendigen Informationen verfügte. Daher wandte sich Herr K. an die Ombudsstelle Fertighaus und erkundigte sich, was eigentlich genau unter dem Begriff "Fertighaus" zu verstehen sei und ob es sich bei dem beworbenen Angebot nun um ein Fertighaus handle oder nicht. Er übermittelte der Ombudsstelle Fertighaus auch die ursprüngliche Werbeeinschaltung.

Die Befassung der Ombudsstelle

Die Ombudsstelle Fertighaus informierte Herrn K., welche Kriterien ein Fertighaus ausmachen und wo die Definition geregelt ist. Außerdem nahm die Ombudsstelle Kontakt mit dem Unternehmen auf und fragte nach, was dort unter einem Fertighaus verstanden wird und welche Leistungen den Kundinnen und Kunden angeboten werden. Die Antwort erschien durchaus originell: "Ein Haus, das dem Kunden fertig übergeben wird und wo er nichts mehr zu machen hat, ist ein Fertighaus." Nach einer grundlegenden Information zur Normenlage zeigte sich das Unternehmen rasch einsichtig und versprach, eine Nutzung des Begriffes zu werblichen Zwecken künftig zu unterlassen.

Beim (Fertig-)Hausbau gibt es einiges zu beachten.
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Quick Facts – Was ist ein Fertighaus?

  • Die Definition eines Fertighauses ist in der ÖNORM B 2310 geregelt. Im Grunde genommen ist es ein "auf vorbereitetem Untergrund errichtetes Bauwerk aus vorgefertigten geschoßhohen Wandelementen, Raumzellen sowie aus vorgefertigten Decken und Dachelementen, die in Produktionsstätten witterungsunabhängig hergestellt, auf die Baustelle transportiert und dort zusammengebaut werden." Bezüglich Dachkonstruktion erlaubt die ÖNORM gewisse Ausnahmen. Ferner regelt sie auch, dass es drei verschiedene Ausbaustufen eines Fertighauses gibt: das Ausbauhaus, das belagsfertige sowie das schlüsselfertige Haus. Auch die jeweiligen Mindestleistungsumfänge dieser Ausbaustufen sind festgelegt. Zumindest der Mindestleistungsumfang 1 („Ausbauhaus“) muss vorliegen, wenn ein Fertighaus angeboten wird.
  • Ausbauhaus: Hier stellt das Fertighausunternehmen das Gebäude außen weitgehend fertig. Wesentliche Teile der Innenarbeiten sind jedoch nicht im Leistungsumfang enthalten – inkludiert sind beispielsweise eine Elektroleerverrohrung, die Zwischenwände, die Geschoßdecke und eine provisorische Treppe. Die Innenwände sind zwar beplankt, aber nicht gespachtelt. Nicht enthalten sind Innentüren und die elektrischen Leitungen. Ausbauhäuser sind zwar auf den ersten Blick günstiger, jedoch bleibt die Koordination vieler Arbeiten zur Fertigstellung in der Verantwortung der Eigentümer. Auch ist es wichtig, sich die Leistungsbeschreibung der anbietenden Unternehmen besonders gut anzuschauen, ob wirklich alle Kriterien dieser Ausbaustufe im Angebot enthalten sind.
  • Belagsfertiges Haus: Zusätzlich zum Ausbauhaus kommen noch Elektroinstallation, Sanitärrohinstallation, Heizung, Lüftung und Verlegung eines Estrichs hinzu.
  • Schlüsselfertiges Haus: Hier kümmert sich das Unternehmen auch um Bodenbeläge, das Ausmalen, Boden- und Wandfliesen et cetera.
  • Die Errichtung von Unterbauten (Bodenplatte, Keller), Kaminen sowie die Herstellung von Ver- und Entsorgungsleitungen (Gas, Wasser, Strom, Kanal) bis zum Gebäude sind in keinem der angeführten Mindestleistungsumfänge enthalten.
  • Zu beachten gilt zudem, dass es sich bei den ÖNORMEN nur um Empfehlungen handelt. Grundsätzlich müssen sich Anbieter nicht an diese Regelungen halten, außer sie wurden in Gesetze aufgenommen oder wurden privatrechtlich zu einem Vertragsbestandteil erklärt. Wichtig ist jedoch, dass wenn etwas schief gehen sollte und Gerichte tätig werden müssen, sich die beigezogenen Sachverständigen in ihren Gutachten sehr wohl an den Normen – als dem aktuellen Stand der Technik – orientieren – egal ob gesetzlich verpflichtend oder Vertragsbestandteil.

Probleme beim oder nach dem Bau eines Fertighauses – was tun?

Wenn es Probleme oder Unklarheiten beim Bau gibt, steht Ihnen die Ombudsstelle Fertighaus gerne mit Rat und Tat zur Seite: Unabhängig davon, ob es nur darum geht, Unsicherheiten vor dem Vertragsabschluss aus dem Weg zu räumen, bereits auf der Baustelle Probleme aufgetreten sind oder wenn nach der Fertigstellung Mängel auftauchen sollten. Erfahrungsgemäß wenden sich viele Konsumentinnen und Konsumenten leider erst recht spät an die Ombudsstelle. Viele Probleme können aber leicht vermieden oder zumindest rascher gelöst werden, wenn nicht abgewartet wird, bis sich die Fronten verhärtet haben. Herr K. hat es richtig gemacht: Die sofortige Kontaktaufnahmen mit der Ombudsstelle Fertighaus, schon bei der ersten Unsicherheit hat ihm viele Informationen geliefert, die ihm nun beim Start seines Hausbauprojekts helfen.

Für die Schlichtung aller anderen Konsumentenanliegen in Bezug auf Bau und Handwerk ist die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte zuständig, soweit das betroffene Unternehmen in Österreich niedergelassen ist. (Joachim Leitner, Philipp Proske, 17.10.2018)

Links

  • Weitere Infos zur Ombudsstelle Fertighaus sowie die Kontaktdaten der Stelle finden Sie auf www.ombudsstelle-fertighaus.org
  • Weitere Informationen zur Schlichtung für Verbrauchergeschäfte und das Online-Formular zur Einbringung von Schlichtungsanträgen finden Sie auf verbraucherschlichtung.at