Michael Strasser unterwegs.

Foto: Samuel Renner

Kurzer Stopp beim Betreuerwagen.

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An der Grenze.

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Beim Kilometerfressen unter eher widrigen Umständen.

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In 80 Tagen um die Welt? Kein Problem! In 90 Tagen von Alaska nach Patagonien? Kein Problem! Mit dem Fahrrad? Großes Problem! Doch Michael Strasser hat sich vor 79 Tagen in Prudhoe Bay an der Nordküste Alaskas auf sein Rad geschwungen und kurbelt seither anscheinend unermüdlich gen Süden. Er hat auf seiner Tour "Ice 2 Ice" bereits mehr als 20.000 Kilometer zurückgelegt und über 155.000 Höhenmeter überwunden. Bis ins Ziel sind es keine 3.000 Kilometer mehr.

Den Rekord praktisch schon geknackt? Mitnichten! "Als Außenstehender würde man jetzt sagen, die Sache ist gelaufen, gratuliere zum Weltrekord, weil die 3.000 Kilometer schaffst du auch noch", erzählt Strasser und bittet um Verständnis, dass er solche Aussagen ganz und gar nicht mag. "Das werden die härtesten 3.000 Kilometer für mich. Ich habe schon so viel an Reserven eingebüßt, jetzt benötigt es viel Durchhaltevermögen, damit der Rekord Wirklichkeit wird."

Michael Strasser bei nahezu optimalen Bedingungen.
Foto: Samuel Renner

Ein Problem neben den von einem Sturz auf einer Autobahn erlittenen Schürfwunden, Blessuren und Prellungen, einer seit längerem schmerzenden Schulter, schlimm strapaziertem Sitzfleisch, deutlich erkennbarem Gewichts- und Substanzverlust sind die zunehmend unangenehmer werdenden Bedingungen, mit Kälte, Regen und teils stürmischem Wind. Doch, "es ist kein großes Drama, es gibt keinen Plan B", sagt Strasser, der aber einschränkt, dass die Gesundheit vorgehe und dass das Wohl des gesamten Teams mit seinen Betreuern oberste Priorität habe.

Er lässt sich auch von einem Sturz mit Folgen nicht aufhalten.
Foto: Samuel Renner

Der Niederösterreicher vom LTC Seewinkel möchte Vorbild sein, mit seiner Aktion Menschen zum Radfahren animieren, damit sie öfter einmal auf das Auto verzichten, stattdessen das Rad nehmen oder auch zu Fuß gehen auch um einen Beitrag für die Umwelt zu leisten. Der "UN-Mountain-Hero" versucht als Radbotschafter darauf aufmerksam zu machen, dass man das Rad auch als Fortbewegungsmittel sehen kann und dass Vieles mit dem Drahtesel möglich ist.

Indes fällt Strasser allerdings langsam aber sicher vom Fleisch, muss dennoch teilweise zum Essen gezwungen werden, weil er die aufgewärmten Nudeln und die Porridges nicht mehr sehen kann. Zwischen 5.000 und 6.000 Kilokalorien müsse er täglich zu sich nehmen, um seinen Gewichtsverlust halbwegs in Grenzen zu halten. Dazu zwischen vier und fünf Liter Flüssigkeit trinken, um nicht zu dehydrieren. Ein paar wenige Stunden Schlaf pro Tag müssen genügen, dann wird das Abenteuer wieder fortgesetzt.

Charity

Motivation kommt aus unterschiedlichen Quellen. Einerseits treibt ihn die Charity-Aktion an, die wegen einer ALS-Erkrankung (Amyotrophe Lateralsklerose) einer Freundin ins Leben gerufen wurde. Andererseits wird er von seinem Team, von den zahlreichen Social-Media-Anfeuerungen und teilweise auch noch von einer langsam abgelutscht ins Ohr flutschenden Playlist, die nämlich schon vor mehr als zwei Monaten von Freunden zusammengestellt wurde, angetrieben.

Mittlerweile hat "Racing 4 Charity" die 33.500 Euro-Spendengrenze erreicht. Die Spenden kommen direkt dem Forum ALS und der Open Medicine Foundation – ME/CFS zugute. "Es ist unglaublich, dass so viele Menschen bereits gespendet haben", so Strasser. "Ich hoffe, dass ich gewinne um noch mehr Spenden für meine Herzensangelegenheit zu sammeln."

Strasser trotzt der Kälte.
Foto: Samuel Renner

Strasser schaut von Tag zu Tag, blickt immer wieder auf die Weltkarte und sieht, was er bereits erreicht hat. Vor ein paar Tagen allerdings musste er vom Rad geholt werden, weil er wie in Trance unübliche Kurven gefahren und immer wieder eingenickt ist. In Peru musste er manchmal pausieren, weil der Wind so heftig wurde, dass selbst das Betreuerauto stark hin und her wankte.

Rekord

Den aktuellen Rekord hält der Schotte Dean Stott, ein Freund von Prinz Harry, der für die Stecke 99 Tage, 12 Stunden und 56 Minuten benötigte. Da dieser Rekord just diesen Sommer, knapp vor Strassers Start aufgestellt wurde, musste der Niederösterreicher für seine strapaziöse Reise plötzlich 17 Tage weniger kalkulieren um die neue Bestmarke zu setzen. Aktuell ist er aber im Vergleich zu Stott mit über 12 Tagen Vorsprung unterwegs und nähert sich mit jedem Tritt dem Ziel in Ushuaia im Süden Argentiniens. (Thomas Hirner, 10.10.2018)