Es gibt sie noch, die hohe Schule der knallharten Lokalberichterstattung, auch im Post-Erwin-Pröll-Zeitalter. Die ORF-Sendung "Wien heute" exerzierte sie am Beispiel von "ÖVP-Urgestein" Adi Tiller vor, seit 40 Jahren in Wien 19 Bezirksvorsteher. Ende Oktober geht er als "auch mit 79 Junggebliebener" in Pension. "Ist die Luft in Döbling so gut, dass man deshalb so lange so frisch bleibt?", fragt der Mann hinter dem Mikrofon.

Auf die Frage "Gilt Tiller als ehrlicher Politiker?" kontert ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel knallhart: "Warum denn nicht? Denn sonst würde man nicht 40 Jahre so erfolgreich Politik machen können." Na, ganz genau!

Wir erfahren auch, dass "der Adi in vielen Bereichen ein großes Vorbild" und "für seinen Humor bekannt" ist. Tiller liefert auf einer Archivaufnahme in Faschingslaune den Beweis: "Dööö-bling-bling-bling!"

Dann wieder die ernste und bange Frage: "Ob der Neue den Erfolgskurs fortsetzen kann?" Daniel Resch darf gleich selbst antworten, die wohlerzogene Bescheidenheit in Person. Die Omas werden ihn lieben.

Adi Tiller, seit 40 Jahren Bezirksvorsteher, im Interview mit "Wien heute".
ORF

Der "Wien heute"-Chefredakteur will Lob im Interview mit dem "Rekordbezirksvorsteher" erst gar nicht aufkommen lassen: "40 Jahre! Das ist eigentlich unfassbar! Sind Sie nie auf den Gedanken gekommen: 'Eigentlich wü i jetzt wos anderes mochn'?" Der in die Ecke Gedrängte: "Eigentlich nicht, die Bürgerinnen und Bürger hob'n des Kreuz'l g'mocht auf der Liste Adolf Tiller. Da kann man nicht Nein sog'n!" Na, eh ned.

Neuer Versuch: "Sie haben 1978 ein Kunststück zusammengebracht: Sie haben einen seit Jahrzehnten roten Bezirk auf Schwarz umgedreht. Wie ist Ihnen das gelungen?" – "Ich habe mit den Bürgern geredet." Unfassbar! (Gianluca Wallisch, 10.10.2018)