Die AfD fordert "Mut zur Wahrheit" – und will Portale einrichten, auf denen Schüler politische Äußerungen von Lehrern melden können. Die deutsche Justizministerin spricht von "organisierter Denunziation" und einem "Mittel von Diktaturen".

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Berlin – Die deutsche AfD sorgt mit Plänen für Meldeplattformen gegen Lehrkräfte, die sich kritisch über die Partei äußern, für heftige Kritik. Justizministerin Katarina Barley (SPD) warf der AfD "organisierte Denunziation" vor. Das sei ein "Mittel von Diktaturen", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag. "Wer so etwas als Partei einsetzt, um missliebige Lehrer zu enttarnen und an den Pranger zu stellen, gibt viel über sein eigenes Demokratieverständnis preis."

Die AfD will in mehreren deutschen Bundesländern Onlineportale einrichten, auf denen Schüler politische Äußerungen von Lehrern melden können, die angeblich gegen das Neutralitätsgebot verstoßen und sich kritisch über die Partei äußern. In Hamburg gibt es bereits eine derartige Meldeplattform. Die FPÖ Oberösterreich hatte mit einem ähnlichen Portal vergangenes Jahr für Aufregung gesorgt. Es wurde zwei Monate später allerdings eingestellt.

"Erinnert an NS-Diktatur"

Die AfD fordere, dass "Kinder zu Denunzianten werden", sagte der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Helmut Holter, am Donnerstag im Südwestrundfunk. Das erinnere an die NS-Diktatur. Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, forderte die Kultusminister zu Gegenmaßnahmen auf. Er erwarte von ihnen "eine klare Botschaft" und dass sie einen solchen "Pranger" ablehnen, sagte er der "Rheinischen Post" vom Donnerstag.

Auch der Deutsche Lehrerverband sieht im Vorgehen der AfD einen Aufruf, Lehrkräfte zu denunzieren. "Und dann ist es natürlich auch der Versuch, sich selber in eine Opferrolle zu begeben, zu behaupten, dass Deutschlands Lehrkräfte einseitig informieren, ein Einschüchterungsversuch", sagte der Verbandsvorsitzende Heinz-Peter Meidinger im ZDF-"Morgenmagazin". "Den weisen wir auf das Schärfste zurück."

Rechtliche Konsequenzen möglich

Der Staatsrechtler Christoph Degenhart wertet die Plattformen als rechtswidrig. Sie verstießen aufgrund der damit verbundenen "Prangerwirkung" gegen das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, sagte er im SWR. Die Länder als Arbeitgeber der Lehrer hätten eine Fürsorgepflicht und müsste diesen helfen, sich juristisch gegen die Plattformbetreiber zu wehren.

Der Staatsrechtler Joachim Wieland betonte, dass Hinweise von Lehrern auf problematische Entwicklungen in Parteien wie der AfD während des Unterrichts legitim seien und der Aufgabe jedes Beamten entsprächen. Diese hätten sich "für die freiheitlich-demokratische Grundordnung" einzusetzen und "Werte der Verfassung zu vermitteln".

"Rassistischer" Antrag im Bundestag

Für Aufsehen und Empörung sorgte die AfD auch mit einem Antrag im Bundestag. Sie fordert die deutsche Regierung darin auf, "geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die Verbreitung von im Koran enthaltenen gesetzeswidrigen Inhalten und Aufrufen zu unterbinden". Wie diese Maßnahmen nach Ansicht der Fraktion konkret aussehen sollten, blieb dabei offen.

Die Abgeordnete aller anderen Fraktionen wiesen den Antrag scharf zurück. Der SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner sprach von einem rassistischen, schlecht recherchierten Antrag, "den ich fast als Putzlappen bezeichnet hätte".

Friedrich Straetmanns (Linke) sagte mit Blick auf die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit: "Dieser Antrag zeigt mal wieder, die AfD hat tiefgreifende Probleme, unsere rechtsstaatliche Ordnung zu verstehen." Filiz Polat von den Grünen warf der AfD vor, in ihrem Verständnis des Islam "so schriftgläubig wie ein salafistischer Prediger" zu sein. Die AfD stelle "eine ganze Religionsgemeinschaft unter Generalverdacht". Das sei gefährlich, denn "auf Worte folgen oft abscheuliche Taten". (APA, red, 11.10.2018)