Video: Bauer trifft Teufel – ein kurzer Videoeinblick in das Gespräch.
DER STANDARD

"Ich sehe das genauso." Fast zwei Stunden hat es gedauert, bis Lena Bauer ihrem Gegenüber erstmals nickend zustimmen kann. Florian Teufel, ein 54-jähriger Tierarzt aus dem zehnten Wiener Gemeindebezirk, hatte sich gerade über linke Politiker empört, die die Ängste der Menschen nicht ernst nehmen würden. "Das hat die linke Politik verabsäumt", pflichtet ihm die 23-jährige Studentin von der Universität für Bodenkultur bei. Dass beide einer Meinung sind, hat Seltenheitswert. Die Positionen der Diskutanten in Sachen Zuwanderungspolitik könnten nicht unterschiedlicher sein. Während Teufel Flüchtlingen etwa Immigration in den Sozialstaat vorwirft und der Meinung ist, dass sich die wenigsten integrieren wollen, pocht Bauer auf das Recht jedes Menschen, sich das eigene Leben verbessern zu dürfen.

Ausbrechen aus der Blase

Bauer und Teufel sind auch optisch ein ungleiches Paar. Sie ist um 31 Jahre jünger, er um zwei Köpfe größer als sie. Teufel hat schwarze Haare, Bauer hingegen ist brünett. Beide stammen aus Wien, immerhin das haben sie gemeinsam. Weil ihre politischen Einstellungen so weit auseinander liegen, sitzen sie heute in einem Gastgarten im zweiten Bezirk an einem Tisch. Sie haben sich bei "Österreich spricht" angemeldet. Dabei werden Menschen mit unterschiedlichen Meinungen zusammengespannt, um die Möglichkeit zu haben, aus ihrer Blase auszubrechen.

"Als ich davon gelesen habe, wollte ich augenblicklich mitmachen", erzählt Bauer im Vorfeld des Gesprächs. Teufel hingegen wurde von einer Bekannten motiviert, die der Meinung war, es würde ihm nicht schaden, sich der Diskussion zu stellen.

"99 Prozent der Wissenschafter sagen, der Klimawandel ist menschengemacht."
Foto: DER STANDARD / Regine Hendrich

Klimawandel als Geschäftemacherei

Teufels Hauptanliegen ist jedoch gar nicht die Flüchtlingspolitik, sondern der Klimawandel. Dass der nämlich tatsächlich existiere, bezweifelt der Veterinärmediziner. Man merkt, dass er sich sehr ausführlich mit dem Thema beschäftigt hat, Studien und Publikationen gelesen hat. Das Wort Verschwörung nimmt er nicht in den Mund, er vertritt jedoch die Meinung, dass der Kampf gegen den Klimawandel Geschäftemacherei sei. NGOs und Umweltorganisationen würden finanziell von allerlei getroffenen Maßnahmen profitieren. Bauer fragt hartnäckig nach. Auch wenn ihr manchmal Irritation ins Gesicht geschrieben steht, bleibt sie höflich und freundlich.

"Nach dem heurigen Sommer kann man die Erderwärmung nicht mehr leugnen", wirft sie ein. Als sie ein Kind war, da seien Temperaturen über 30 Grad die Ausnahme gewesen, es habe ausgereicht, sich mit Sonnenschutzfaktor 8 einzucremen. "Weil es nichts anderes gegeben hat", entgegnet Teufel.

"99 Prozent der Wissenschafter sagen, der Klimawandel ist menschengemacht", probiert es Bauer, die Bio- und Umweltressourcenmanagement studiert, weiter. Nun holt der zum Dozieren neigende Teufel weit aus. Er selbst sei einst ein Anhänger Al Gores gewesen, dessen Buch "Die unbequeme Wahrheit" über die globale Erderwärmung er mit Begeisterung gelesen habe. Er wollte es aber genauer wissen, sagt Teufel. Und habe begonnen zu recherchieren. "Ich biete dir an, dass ich dir Informationen beschaffe", sagt er zu Bauer. Er ist mittlerweile der Meinung, dass es keine Erderwärmung gibt. Im Gegenteil: Das Klima weltweit kühle ab. Bauer schüttelt den Kopf.

"Du wirst es nicht glauben, ich war selbst einmal Grünen-Wähler."
Foto: DER STANDARD / Regine Hendrich

Nazikeule und Sozialschmarotzer

Der Studentin ist es ein besonderes Anliegen, über die Regierungsbeteiligung der FPÖ zu sprechen. Sie kritisiert einzelne Funktionäre scharf und ist irritiert, dass Udo Landbauer in den niederösterreichischen Landtag zurückkehren kann, obwohl ein einschlägiges Liederbuch in seiner Burschenschaft entdeckt wurde. "Ich möchte nicht gleich die Nazikeule schwingen", sagt sie noch entschuldigend. "Tu es", entgegnet Teufel jedoch, "ich bin es schon gewohnt."

Die türkis-blaue Bundesregierung verurteilt Bauer auch wegen der Einsparungen im Sozialbereich. Der Familienbonus komme nur jenen zugute, die ohnehin gut verdienen, kreidet sie an. Teufel ist auch hier radikal anderer Meinung. Geht es nach ihm, soll der Wohlfahrtsstaat abgeschafft werden, denn er stehe in Konkurrenz zum Arbeitsmarkt. Bauer, die mittlerweile auch die wichtigsten biografischen Daten ihres Gegenübers kennt, erinnert Teufel daran, dass er nur dank Bruno Kreisky und dessen Bildungsreformen studieren konnte.

Vom Grünen-Wähler zum FPÖ-Anhänger

"Du wirst es nicht glauben, ich war selbst einmal Grünen-Wähler", wirft dieser plötzlich ein. Politiker wie Andreas Mölzer habe er nicht anschauen können, "jetzt halte ich ihn für einen Intellektuellen". Woher der Sinneswandel? Bauer wirkt ehrlich überrascht.

Immer wieder referenziert Teufel auf seine Wohngegend im zehnten Bezirk, sodass man mehr und mehr das Gefühl bekommt, sie sei ausschlaggebend für viele seiner Positionen. Es wird persönlicher, als er erzählt, dass er in der Nachbarschaft schon zusammengeschlagen worden sei. Er berichtet von vollverschleierten Frauen, die ohne die Hilfe ihrer kleinen Kinder nicht einmal den Weg zum Lift bewältigen können. Für Bauer sind das Beispiele fehlgeschlagener Integration, die sie so nicht kannte.

Eine Woche vegan

Nach fünf Stunden ist der Austausch zwischen dem ungleichen Paar beendet. Bauer bedankt sich für den "respektvollen Umgang" und dafür, dass Teufel bereit gewesen sei, sich auf ihre Einstellungen einzulassen. Diesen wiederum hat das Gespräch dazu inspiriert, einige Fragen, die er für sich als bereits beantwortet sah, neu zu überdenken, wie er selbst sagt. Ein Punkt betrifft das Thema ausgewogene Ernährung. Bauer isst aus Überzeugung vegan. Das will Teufel nun auch ausprobieren – zumindest einmal eine Woche lang. (Text: Rosa Winkler-Hermaden, Video: Andreas Müller, 12.10.2018)

Update der Redaktion (15.10.): Florian Teufel erbittet um Ergänzungen, die wir hiermit nachtragen.

"Viele meiner Kunden, vermutlich eine Mehrheit, haben Migrationshintergrund. Von denen sprechen die allermeisten ausgesprochen gutes Deutsch und sind bestens integriert, viele von ihnen, oftmals Frauen – sind hochgebildet. Ich zolle allen diesem Menschen Respekt und Hochachtung. Ich lasse mir keine Fremdenfeindlichkeit unterstellen! Durch die mancherorts dichte türkisch-arabische Infrastruktur ist für viele Zuwanderer eine aktive Integration nicht mehr nötig. Daher fehlt vielen der Wille dazu. Der Satz: "Die wenigsten wollen sich integrieren" ist so nicht gefallen. Wir müssen die Probleme, die die Zuwanderung mit sich bringt, klar und schonungslos ansprechen wie Thilo Sarrazin oder Susanne Wiesinger das tun. Bis wir eine Lösung finden, muss man Zuwanderung begrenzen, weil uns sonst die Probleme über den Kopf wachsen. Es herrschte völlige Übereinstimmung in der Frage, Menschen in Not jederzeit zu helfen. Das stand außer Streit.

Beim Thema "Klimawandel" wurden meine Ausführungen ebenfalls verkürzt dargestellt. Die mir wichtigste Aussage dazu ist: Kritische Stimmen zur derzeitigen Hypothese des menschengemachten Klimawandels gibt es in der Wissenschaft zuhauf! Sie werden aber regelmäßig und aktiv ignoriert, sodass der falsche Eindruck erzeugt wird, es bestehe wissenschaftlicher Konsens darüber, dass der Klimawandel menschengemacht sei."