Die Youngsters immerhin machen ihre Sache gut: Heidi und Geißenpeter. Alm-Öhi ist in der Hütte geblieben.

Foto: Lukas Beck

Wien – Es ist heftig. Selbst für einen bekennenden Trash-Fan (Stichwort: das Behagen in der Unkultur) ist es bei Michael Schanzes Musical Heidi irgendwann des Schlechten zu viel. Zum Beispiel die "Band": Sie agiert irgendwo im Nirgendwo, es hat den Anschein, als hätte Schanze Ende der 1980er-Jahre auf einer Butterfahrt nach Helgoland einen anämischen Alleinunterhalter gekidnappt und ihn in der Halle E hinter den Kulissen erstmals wieder freigelassen. Diese seifigen Streichersounds gibt's sonst nur noch im Keyboard-Museum. Man ist fast enttäuscht, als sich am Ende ein paar Männer samt Instrumentarium verbeugen (Leitung: Clemens Schaller).

Die Musik Schanzes changiert zwischen der frühen Lena Valaitis und der mittleren Stefanie Hertel, der Geißenpeter hat sogar ein Handörgeli. Im Vergleich zu den Sound-Powerperformern Vereinigte Bühnen Wien wirkt das musikalische Erscheinungsbild angenehm abmunitioniert.

Unbeabsichtigter Horror

Leider schafft es Schanze selten, einen Song großflächiger auszubauen. Die Nummer Gespenster ist tatsächlich ein Horror, aber ein unbeabsichtigter. Dann und wann wird auch getanzt, irgendwie (Choreografie: Michael Kropf). Das kleine Finale hat die Dynamik eines Tretrollers ohne Räder.

Zur Optik: Die Almhütten hat man bei den Wiener Wiesn deutlich überzeugender hinbekommen (Bühne & Regie: Manfred Waba). Uwe Kröger müht sich um ein rollenadäquat ruppiges Benehmen, den Gipfel seines Karrierewegs wird der Alm-Öhi trotzdem nicht darstellen.

Maja Hakvoort legt das Fräulein Rottweiler, pardon: Rottenmeier, wiehernd an. Alfons Haider bleibt mehr als (zugespielte) Erzählerin Johanna Spyri haften (Buch: Hans Dieter Schreeb) denn als Papa Sesemann. Wer in den hintersten Reihen zu sitzen kommt, sollte einen Feldstecher mitnehmen. Nein, vielleicht besser doch nicht.

Die "Youngsters" machen ihre Sache am Besten: Rebecca Soumagné als Klara, Stephan Luethy als Geißenpeter und Vanessa Zips als Heidi. Alle singen top und sind superaufgedreht und porentief rein, wie sich das auf einer Musicalbühne so gehört. Nützt aber alles nix, die Nerven sind nach den drei Stunden trotzdem komplett ruiniert. Zwei Schnäpse, schnell! Oder hat die Wiener Wiesn noch offen? Weltpremierenbegeisterung im MQ. (Stefan Ender, 11.10.2018)