In Österreich gelten nur noch 15 Prozent aller Flüsse als ökologisch intakt.

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Wien – Das Bild von Österreich ist eng mit glasklaren Seen, Gebirgsbächen und reinem Trinkwasser verbunden. Doch in Österreich gelten lediglich 15 Prozent aller Flüsse als ökologisch intakt. 40 Prozent sind in ausreichend gutem Zustand. Hauptgründe für die Defizite sind die suboptimale Verbauung mit Hochwasserschutz und Wasserkraftwerke sowie die Verschmutzung durch die Landwirtschaft.

Umweltschutzorganisationen befürchten, dass einige Mitgliedsstaaten und Lobbys nun versuchen, die EU-Wasserrahmenrichtlinie im Zuge des aktuell laufenden "Fitnesschecks" sogar aufzuweichen. 100 Organisationen rufen deshalb zur europaweiten Initiative "Rette unser Wasser" auf.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie wurde im Jahr 2000 aufgrund des schlechten Zustands europäischer Gewässer festgesetzt und beruht auf zwei Prinzipien: Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot. Bis 2027 sollen alle Fließgewässer in einem guten ökologischen und chemischen Zustand sein.

60 Prozent der Gewässer sanierungsbedürftig

Bislang wurden laut Hanna Simons vom WWF aber nur 40 Prozent des Ziels erreicht. Zurzeit wird evaluiert, ob die Staaten die Maßnahmen ausreichend umsetzen. Laut einem Bericht der EU-Umweltagentur befinden sich derzeit noch 60 Prozent der Gewässer in Europa in sanierungsbedürftigem Zustand.

Simons warnte am Donnerstag bei der Präsentation der Initiative davor, dass mehr Ausnahmeregelungen eingeführt werden könnten und damit die Wasserqualität weiter verschlechtert wird. "Das wäre eine Bankrotterklärung der europäischen Umweltpolitik", sagte sie.

"Heimische Fließgewässer sind ziemlich zugepflastert", sagte auch Franz Maier vom Umweltdachverband. 33.000 Querbauwerke in Österreichs Gewässern würden sich negativ auf Artenvielfalt und Gewässerdynamik auswirken. Besonders Kleinkraftwerke würden seiner Meinung nach oft einen schlechten Wirkungsgrad aufweisen.

Fischler warnt vor Lobbys

Auch der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler, derzeit Präsident des Europäischen Forums Alpbach, macht sich für die Initiative stark. "Der Fitnesstest wird missbraucht", warnte er. Denn manche Lobbys würden massiv für eine Aufweichung "einer der energischsten Richtlinien der EU" eintreten.

Daher ruft er Interessierte dazu auf, ihre Meinung im Zuge des Konsultationsverfahrens der EU-Kommission mitzuteilen. Diese ist verpflichtet, sie bei den weiteren Überlegungen zu berücksichtigen. "Oft wirkt Europa weit weg von den Menschen. Hier hat die Bevölkerung den direkten Draht zur EU-Kommission und kann sich für den Erhalt der Wasserrahmenrichtlinie einsetzen", appelliert Fischler.

In Österreich kann bis 4. März die EU-Kommission direkt über die Webseiten der zehn österreichweit teilnehmenden Organisationen zum Thema Wasserrahmenrichtlinie angeschrieben werden. Eine Handysignatur ist dadurch nicht notwendig. (july, 11.10.2018)