Die FPÖ-Abgeordneten David Lasar, Petra Steger, Hans-Jörg Jenewein, Werner Herbert und Günther Kumpitsch haben etwas zum BVT-Ausschuss zu sagen, Peter Pilz hört zu, aber nur ganz kurz.

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Am Donnerstag hat im BVT-Ausschuss die Leiterin des Extremismusreferats im Bundesamt für Verfassungsschutz ausgesagt. Sie übte dabei scharfe Kritik an der Hausdurchsuchung vom 28. Februar. "Die Folgen der Hausdurchsuchung in der Innenwirkung sind eine Katastrophe", sagte Sybille G. im Ausschuss. Außerdem kritisierte sie die mangelnde Unterstützung für das BVT durch die Ressortleitung unter Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). "Es gibt keine Unschuldsvermutung für uns, nicht einmal durch die eigene Ressortleitung", beklagte die langjährige Ermittlerin.

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Hinter den Vorwürfen gegen den Verfassungsschutz vermutet sie ihren früheren Abteilungsleiter. "Wenn er den Verdacht von Missständen gehabt hätte, hätte er es abstellen müssen", so die Beamtin. Stattdessen habe er seine Kollegen "aus niederen Beweggründen" beim Ministerbüro angeschwärzt.

"Wirklich eine Show"

Die Hausdurchsuchung hat die Extremismus-Chefermittlerin "als Drohgebärde, als Muskelspiel" empfunden. "Irgendwer wollte Aufsehen erregen", meinte sie. "Für mich war das wirklich eine Show."

Neben zahlreichen vertraulichen Unterlagen haben die Polizisten der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) in ihrem Büro auch "kartonweise Musik-CDs von einem Kinderpräventionsprojekt" mitgenommen. "Ich habe ihnen nur noch gesagt, ich gratulier euch dazu. Das war so sinnlos, was sie mitgenommen haben."

"Jetzt ist Tag X"

Sybille G. hatte bereits kurz nach der mittlerweile für rechtswidrig erklärten Razzia eine Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung eingebracht. Warum ihr Büro durchsucht wurde, konnte sie sich damals nicht erklären. Sie vermutete einen Zusammenhang mit dem Regierungswechsel: Sie habe sich gedacht, "jetzt ist der Tag X, von dem in der Szene immer geredet wird – wenn sie an die Macht kommen, dann hängen sie als Erstes die Staatspolizei auf, und als Nächstes kommt die Justiz dran".

Die Beamtin ließ auch mit der Schilderung aufhorchen, wie das Misstrauen der internationalen Partner die Arbeit im Verfassungsschutz beeinträchtigt hat. Sie schilderte, dass Mitarbeiter eine geplante Dienstreise zu einer Tagung über die rechtsradikale Identitären-Bewegung zwei Stunden vor dem geplanten Abflug wieder absagen mussten. Und in einem weiteren Fall sei eine Einladung zu einer Fachtagung explizit an alle Partner "except Austria" ergangen.

"Gridling reißt sich einen Haxen aus"

Sie gehe allerdings davon aus, dass es dem Bundesamt gelingen werde, die Vertrauensbasis in geraumer Zeit wieder zu verbessern, betonte Sybille G.: "Der Direktor Gridling reißt sich einen Haxen aus, dass er das wieder in den Griff kriegt."

Als äußerst ungewöhnlich stellte die Zeugin auch die Ende Jänner (also vier Wochen vor der Razzia) gestellte Anfrage des Ministerbüros nach Ermittlungen gegen FP-nahe Burschenschaften dar. Dabei sei es nämlich um die Frage gegangen, wo verdeckte Ermittler eingesetzt werden. Ministeriumsgeneralsekretär Peter Goldgruber hat die Anfrage mit der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats am 30. Jänner begründet. Intern habe man vereinbart, keine Auskunft über verdeckte Ermittler zu geben: "Ich sorge mich wirklich um unsere Kollegen und ihre Familien."

Zur Pensionierung gedrängt

Die Ermittlerin schilderte auch, dass die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, sie im Mai zur freiwilligen Pensionierung gedrängt habe. Kardeis habe sie nach Ostern zu sich gebeten und gesagt, "die wollen dich loswerden". "Das wird ganz brutal werden", habe Kardeis gemeint und dann als "sanftere Methode" die freiwillige Pensionierung vorgeschlagen. Außerdem habe Kardeis ihr geraten, sie solle ihre "Frontalangriffe gegen den Generalsekretär" unterlassen.

Ihre Pensionierung hat Sybille G. abgelehnt. "Ich habe gesagt, ich gehe sicher nicht freiwillig in Pension. Schon gar nicht in dieser Phase, weil dann heißt es, irgendwas wird schon gestimmt haben, und ich bin nicht der Sündenbock für andere."

Geheime Befragung

Ein zweites Mal befragt wurde am Donnerstag die zuständige Staatsanwältin Ursula Schmudermayer. Ein Teil der Befragung erfolgte "geheim", eine Premiere im Ausschuss. Geklärt werden sollte in diese geheimen Sitzung eine formale Frage, die aber für das weitere Strafverfahren relevant sein könnte. ÖVP und Neos gehen nämlich davon aus, dass die vom Innenministerium vermittelten Belastungszeugen nicht ordnungsgemäß von der Amtsverschwiegenheit entbunden wurden. Schmudermayer wies das zurück. Sollte es stimmen, wären die Aussagen – die ja erst zur Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz führten – per Gesetz nichtig.

Von Amtsverschwiegenheit entbunden?

Laut Strafprozessordnung (Paragraf 155) dürfen Beamte über Umstände, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen, nämlich nur befragt werden, wenn sie zuvor von der Verschwiegenheit entbunden wurden. Zumindest die schriftliche Bestätigung dieser Freigabe erfolgte im Fall der vier vom Ministerium vermittelten Zeugen aber nur nach den ersten Befragungen. Strittig ist nun, ob vorab eine mündliche Freigabe vorlag. Schmudermayer sagt ja, ÖVP-Fraktionschef Werner Amon ging davon aus, mit dem Ausschuss vorliegenden geheimen E-Mails das Gegenteil beweisen zu können.

"Das BMI hat mir diese Zeugen namhaft gemacht, und daher bin ich selbstverständlich davon ausgegangen, dass das BMI als Arbeitgeber diese Zeugen von der Amtsverschwiegenheit entbunden hat", betonte hingegen Schmudermayer. Im Übrigen enthalte die Strafprozessordnung (Paragraf 78) ja auch eine Anzeigepflicht für Beamte, wenn ihnen rechtswidrige Tatsachen bekannt werden: "Die Amtsverschwiegenheit dient nicht dazu, die Aufklärung von Straftaten zu verhindern."

Schmudermayer sagte auch aus, dass ein Kabinettsmitarbeiter von Innenminister Kickl, Udo Lett, in der BVT-Affäre um Telefonüberwachungen und Festnahmen gebeten habe. Sie habe dies abgelehnt, weil die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren, sagte sie. (APA, red, 12.10.2018)