Frans Timmermans spricht Niederländisch, Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Russisch und Spanisch.

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Bevor jemand Mitglied der EU-Kommission werden kann, muss er oder sie sich einer stundenlangen Anhörung im EU-Parlament stellen. Bei Frans Timmermans aus den Niederlanden fand dieses Hearing im Herbst 2014 statt. Der 57-Jährige trat an für den Posten des Vizepräsidenten und Stellvertreters von Jean-Claude Juncker, fachlich zuständig für die Einhaltung der Grundrechte und für die institutionellen Beziehungen.

Zuvor hatte der Sozialdemokrat in seinem Heimatland als Außenminister gedient. Sein liberaler Koalitionspartner und Premierminister Marc Rutte hatte ihn anstandslos für Brüssel nominiert. Im Frage-Antwort-Spiel mit den EU-Abgeordneten sorgte der Mann dann für großes Erstaunen.

Timmermans erwies sich nicht nur inhaltlich als außerordentlich firm. Er hat nach einem Studium der französischen Literatur in mehreren Ländern auch Europarecht studiert, wurde Diplomat. Was die Zuhörer aber am meisten beeindruckte, war seine Sprachenkenntnis: Er redete in sieben Sprachen nicht nur fließend, er beherrscht sie praktisch akzentfrei: Niederländisch, Englisch, Französisch und Deutsch sowieso, dazu auch noch Italienisch, Russisch, Spanisch. Und Limburgisch, seine Regionalsprache. So etwas hatte man selbst im multinationalen EU-Parlament selten erlebt.

Diplomatensohn

Seither hat Timmermans ein wenig den Ruf des Mister Perfect. Er gilt im Parlament aber auch als etwas zu fordernd, arrogant, wie viele Perfektionisten. Geholfen hat ihm diese Eigenschaft in den Konflikten der Kommission mit den Regierungen in Polen und Ungarn wegen deren ständiger bewusster Rechtsverletzungen bis hin zum Verdacht des Bruchs der Rechtsstaatlichkeit.

Timmermans ist dafür zuständig, er hat Verfahren eingeleitet und wurde von Warschau und Budapest rüde angegangen. Aber seinen Argumentationen ist schwer zu begegnen. Wenn es um Recht, Gerechtigkeit und das gemeinsame Europa geht, ist er der geborene Überzeugungstäter.

Timmermans wurde in Maastricht im Dreiländereck Belgien/Deutschland/Niederlande geboren, als Sohn eines Diplomaten; er wuchs in vielen Ländern auf. Heute lebt Timmermans in Heerlen nahe Aachen, ist mit einer Richterin verheiratet, mit der er vier Kinder hat. Als passionierter Europapolitiker steht er vor seiner größten Herausforderung. Er will für Europas Sozialdemokraten als Spitzenkandidat bei der EU-Wahl 2019 antreten. Er gilt als Favorit. (Thomas Mayer, 11.10.2018)