In der Regelung der Pflegekosten ist weiter vieles unklar.

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Wien – Der eigentlich abgeschaffte Pflegeregress sorgt weiterhin für Diskussionen. Die oberösterreichische ÖVP fordert auch nach dem jüngsten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eine gesetzliche Klarstellung vom Bund. Der Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sieht auch noch offene Fragen und will mehr Geld vom Bund. Bestätigt sieht sich hingegen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).

Der VfGH hat festgestellt, dass – angesichts der mit 1. Jänner erfolgten Abschaffung des Pflegeregresses – ein Zugriff auf das Vermögen von Patienten in stationären Pflegeeinrichtungen unzulässig ist. Die SPÖ verlangt nach wie vor ein Gesetz, dass die seit 1. Jänner geleisteten Raten zurückbezahlt werden und Einträge in Grundbüchern gelöscht werden sollen.

"Lage eindeutig"

Hartinger-Klein sieht dafür keine Notwendigkeit: "Der gestrige Beschluss des VfGH zum Pflegeregress bestätigt meine Rechtsansicht hinsichtlich der Abschaffung", befand Hartinger-Klein am Freitag. Es sei ihr "unklar", warum SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda weitere Gesetzesanträge einbringen wolle. Die Rechtslage sei "mehr als eindeutig".

Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen und Erben sei jedenfalls unzulässig, selbst wenn eine rechtskräftige Entscheidung vorliege, die vor dem 1. Jänner 2018 ergangen ist. "Durch den Beschluss des VfGH wird sichergestellt, dass im gesamten Bundesgebiet dieselben Regelungen in Bezug auf den Umgang mit Bestimmungen zum Verbot des Pflegeregresses gelten."

Die Bundes-SPÖ ist freilich nicht allein. Auch der Landesgeschäftsführer der oberösterreichischen ÖVP, Wolfgang Hattmannsdorfer, fordert Klarheit: Es gebe in der Praxis immer wieder Probleme bei der Vollziehung, "da die Bestimmungen im Gesetz zum Pflegeregress-Aus nicht detailliert genug sind", erklärte er in einer Aussendung. "Da sollte die Bundesregierung nochmals nachschärfen, um endgültig alle Unsicherheiten zu beseitigen."

Keine Löschung

Es gebe mehrere Fälle in Oberösterreich, wo die zuständigen Sozialhilfeverbände oder Magistrate aus älteren Pflegeregressverfahren noch immer im Grundbuch stehen, aber eine Rechtsgrundlage fehle, die Löschung durchzuführen, verwies Hattmannsdorfer auf die Einschätzung von Juristen des Landes. Daran ändere auch die jüngste Entscheidung des VfGH nichts. "Wenn eine Behörde auf Basis der aktuellen Rechtslage auf bestehende Eintragungen im Grundbuch verzichtet, bewegen sich Beamte womöglich im Bereich des Amtsmissbrauches. Das ist unzumutbar, aber durch eine Gesetzesänderung leicht korrigierbar." Konkret forderte Hattmannsdorfer von der Bundesregierung eine gesetzliche Klarstellung, dass das Pflegeregress-Verbot auf alle Verfahren anzuwenden sei – egal auf welcher Rechtsgrundlage und in welcher Form sie entstanden seien. Die notwendigen Grundbuchsverfahren sollen spätestens Ende des Jahres von Amts wegen eingeleitet werden und die Kosten dafür vom Bund getragen werden, verlangte Hattmannsdorfer.

Offene Fragen sieht unter anderem auch Wiens Sozialstadtrat Hacker, wie er im Ö1-"Mittagsjournal" bekräftigte. Auch er führte beispielsweise die Frage an, wer die Kosten für die Austragungen aus dem Grundbuch tragen soll. Der Bund müsse den Ländern mehr zahlen als die bisher ausgemachten maximal 340 Mio. Euro Ausfallentschädigung. Einen genauen Betrag nannte Hacker nicht, fügte aber an, dass er für eine genaue Abrechnung sei. Das Burgenland hätte ebenfalls gerne eine Klarstellung per Gesetz.

Späte Regelung

"Man kommt mit den Klarstellungen jetzt wahrscheinlich schon zu spät", meinte der Präsident der Notariatskammer, Ludwig Bittner, zuvor im Ö1-"Morgenjournal". Die Gerichte würden die nötigen Entscheidungen in den nächsten Monaten treffen. Zu Wort meldete sich auch Liste Pilz-Klubobmann Bruno Rossmann, der Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) gefordert sieht, die Länder ordentlich für die Abschaffung des Pflegeregresses zu entschädigen.

Unterdessen setzte sich die Schlammschlacht zwischen SPÖ und FPÖ fort. Nachdem Drozda Hartinger-Klein "intellektuelle Kapazitätsengpässe" unterstellt hatte, konterte FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch per Aussendung am Freitag ebenso deftig: "Es ist mehr als anmaßend, dass sich Drozda dermaßen ausfallend über Ministerin Beate Hartinger-Klein äußert, wo er doch selbst in seinem Scherbenhaufen der SPÖ nur einen kleinen Krümel darstellt, der bald mit seiner Chefin dem Besen der Geschichte zum Opfer fallen wird." Die SPÖ betreibe "realitätsferne Panikmache am Rücken der Bevölkerung". (APA, 12.10.2018)