München – Nach der Landtagswahl in Bayern mit Rekordverlusten für die CSU und die SPD stehen die Christlichsozialen, die die absolute Mehrheit einbüßten, vor schwierigen Koalitionsverhandlungen. Für diese bleibt nicht viel Zeit. Anders als im Bund lässt die bayerische Verfassung keine lange Hängepartie zwischen Wahl und Regierungsbildung zu. Im Normalfall muss eine Koalition binnen vier Wochen stehen.

Markus Söder braucht einen Koalitionspartner. Hubert Aiwanger von den Freien Wählern ist seine wahrscheinlichste Option.
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Wahl des Ministerpräsidenten spätestens Mitte November

Erste Frist ist die für die konstituierende Sitzung des neuen Landtags. In der Verfassung heißt es dazu: "Der Landtag tritt spätestens am 22. Tag nach der Wahl zusammen." Das wäre der 5. November. Die nächste Frist ist die für die Wahl des neuen Regierungschefs. Dazu heißt es in der Verfassung: "Der Ministerpräsident wird von dem neu gewählten Landtag spätestens innerhalb einer Woche nach seinem Zusammentritt auf die Dauer von fünf Jahren gewählt." Das bedeutet: Die Wahl muss spätestens am 12. November stattfinden. Will sich die angestrebte neue Regierung keine Blöße geben, muss also bis spätestens dahin die Koalition stehen.

Es gibt allenfalls noch eine Art Notfallfrist, die von den Beteiligten sicherlich niemand gerne in Anspruch nehmen würde. In der Verfassung heißt es: "Kommt die Neuwahl innerhalb von vier Wochen nicht zustande, muss der Landtagspräsident den Landtag auflösen." Theoretisch könnte die Ministerpräsidenten-Wahl also, wenn sie vorher nicht möglich ist, bis spätestens 3. Dezember noch erfolgen, bevor es eine Neuwahl geben müsste. Eine Inanspruchnahme dieser Frist dürfte aber als klassischer Fehlstart gewertet werden – deshalb wird daran wohl keiner der potenziellen Partner Interesse haben.

Enttäuschung im Landtagsgebäude der CSU nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse
DER STANDARD

Aiwanger hätte gerne drei Ministerien

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hätte als Koalitionspartner der CSU in einer neuen Bayerischen Staatsregierung gerne drei Ministerien. "Drei Stück an Ministerien werden wohl realistisch sein", sagte Aiwanger am Montag dem Radiosender Bayern 2 nach den Landtagswahlen. Dass sich die CSU nicht mit seiner Partei, sondern mit den Grünen einigt, hält er für unwahrscheinlich. "Da bin ich sehr gelassen", erklärte der Parteichef. "Wir werden am Ende diejenigen sein, mit denen die Regierung zustande kommt."

In die Koalitionsverhandlungen gehen die Freien Wähler mit festen Vorstellungen. So müsse die CSU "von einigen Größenwahnprojekten" runter wie dem Raumfahrtprogramm Bavaria One. "Wir werden jetzt auch nicht kuschen", meinte Aiwanger. Falsche Dinge werde man auch weiter korrigieren. Die Freien Wähler wurden laut vorläufigem amtlichem Endergebnis mit 11,6 Prozent drittstärkste Kraft nach CSU und Grünen.

CSU und Freie Wähler hätten Mehrheit

Der bayerische Landtag hat künftig 205 Sitze. Auch wenn die CSU 16 Mandate einbüßen muss, stellt sie mit 85 Abgeordneten weiterhin die mit Abstand größte Fraktion. Die von der CSU als Koalitionspartner favorisierten Freien Wähler kommen nach Angaben des Landeswahlleiters von Montagfrüh auf 27 Sitze, ein Plus von acht Sitzen.

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Damit wäre das Bündnis der beiden Parteien mit 112 Sitzen klar mehrheitsfähig. Für eine Mehrheit sind 103 Sitze notwendig.

Die SPD verliert 20 Mandate und wird nur noch 22 Abgeordnete stellen, die Grünen sind dagegen mit 38 Abgeordneten vertreten, ein Plus von 20. Die FDP stellt bei ihrem Wiedereinzug elf Abgeordnete, halb so viele wie die AfD mit 22. Rechnerisch wäre neben der Koalition von CSU und Freien Wählern auch ein Bündnis von CSU und SPD mehrheitsfähig, dieses käme auf 107 Sitze; eine schwarz-grüne Koalition käme mit 123 Stimmen auf die mit Abstand größte Mehrheit.

Von den 91 Direktmandaten holte sich die CSU 85. Die übrigen sechs Direktmandate gingen an die Grünen – fünf in München und eines in Würzburg. (APA, 15.10.2018)