Tausende weitere Passverfahren warten auf eine Entscheidung.

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Wien – Ein Salzburger mit türkischen Wurzeln, der vor mehr als 20 Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen hat, ist nun rechtskräftig kein Österreicher mehr: Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat am 25. September die Revision des Mannes gegen die zweitinstanzliche Gerichtsentscheidung zurückgewiesen.

Seit 20 Jahren Staatsbürger

Der Betroffene hatte nach seiner Einbürgerung in Österreich die türkische Staatsbürgerschaft zurückgelegt. Das wurde ihm auch schriftlich vom türkischen Innenministerium beschieden, und zwar im Jahr 2000. Allerdings tauchte der Name des Mannes dann in jener umstrittenen Liste auf, die von der FPÖ im Frühjahr 2017 verbreitet wurde. Es handle sich dabei um Auszüge aus der türkischen Wählerevidenz, hieß es damals – und wer auf einer Wählerliste steht, müsse wohl oder übel türkischer Staatsbürger sein.

Anders gesagt: Die Betroffenen hätten sich nachträglich wieder in der Türkei einbürgern lassen, ohne das den österreichischen Behörden zu melden. Und wer sich anderswo einbürgern lässt, verliert in den meisten Fällen automatisch die österreichische Staatsangehörigkeit. Dem Salzburger wurde also das Aufscheinen seines Namens auf der Liste zum Verhängnis.

Derzeit sind auf Basis dieser Liste tausende Prüfverfahren an den Einbürgerungsämtern anhängig. In einigen Fällen wurden Aberkennungen bereits in der zweiten Instanz, dem Landesverwaltungsgericht, bestätigt (DER STANDARD berichtete).

Nur bei "krasser Fehlbeurteilung" Aufhebung

In diesen Entscheidungen war den Betroffenen mitgeteilt worden, dass ihnen kein ordentliches Rechtsmittel mehr zusteht. Das bedeutet, dass sie sich nur noch dann an das Höchstgericht, den Verwaltungsgerichtshof, wenden können, wenn sie schlüssig erklären können, warum ihr Fall eine "Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung" aufwirft, die vom Höchstgericht zu klären ist. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn das Landesverwaltungsgericht eine "krasse Fehlbeurteilung" getroffen hat, wie es im Sprachgebrauch der obersten Verwaltungsrichter heißt. Der Salzburger Betroffene hatte versucht, eine solche Fehleinschätzung zu belegen – und war gescheitert.

Bereits im vergangenen Juli hatte der VwGH den Weg für die jüngste Entscheidung gebahnt. Damals ging es um einen Fall, der bereits vor dem Auftauchen der umstrittenen Liste erstinstanzlich entschieden worden war. Das Höchstgericht stellte damals fest, dass Auszüge aus dem türkischen Personenstandsregister einen "erheblichen Beweiswert" haben. Auf diese im Juli geäußerte Ansicht verwies der Gerichtshof auch in seiner aktuellen Entscheidung. Dieser Beweiswert wird also auch der Liste zuerkannt.

Die jüngste VwGH-Entscheidung könnte für jene Betroffenen, die überlegt haben, sich über den Verlust ihrer Staatsbürgerschaft zu beschweren, abschreckend wirken – zumal so ein Verfahren mit einigen Kosten verbunden ist.

Gespanntes Warten auf VfGH

Nach der Entscheidung des VwGH ist das letzte Wort in der Causa Doppelstaatsbürgerschaften allerdings noch nicht gesprochen. Beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ist derzeit eine Beschwerde eines betroffenen Austrotürken anhängig, der auf Basis der Liste ausgebürgert wurde. Eine Entscheidung darüber wird frühestens im Dezember erwartet. (Maria Sterkl, 15.10.2018)