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Der Flughafen Wien ist ein Fall, der die Diskussion entfacht hat, ob Umweltschutz oder Wirtschaftswachstum Vorrang haben sollten. Im elfjährigen Genehmigungsverfahren für die dritte Piste in Wien verbucht der Flughafen jetzt jedenfalls einen Teilerfolg. Der VfGH beschäftigt sich mit einer Beschwerde der Flughafengegner nicht.

Foto: Ronald Zak/dapd

Wien – Das "Staatsziel Wirtschaft" sorgt erneut für Aufregung. Das Regierungsvorhaben wird am Mittwoch im Verfassungsausschusses des Nationalrats eingebracht. Die ÖVP-FPÖ-Regierung braucht für ihre Ziele rund um das Staatsziel Wirtschaftsstandort eine Zweidrittelmehrheit. Im Nationalrat kann diese mit der SPÖ oder den Neos hergestellt werden, im Bundesrat nur mit der SPÖ. Die Neos drücken jetzt jedenfalls die "Stopptaste", weil sie die mit dem Staatsziel zusammenhängenden Pläne einer neuen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht goutieren.

"Der Verdacht liegt nahe, dass der Regierung das Gleichgewicht von Wirtschaft und Umwelt egal ist. Das müssen wir jetzt klären", sagte der zuständige Neos-Politiker Nikolaus Scherak am Montag. Dem Thema Nachhaltigkeit werde nicht ausreichend Rechnung getragen. Nur wenn Nachhaltigkeit ausreichend dargestellt werde – also gleichrangig mit dem Thema Wirtschaft –, seien die Neos im Nationalrat mit ihren Stimmen dabei.

Greenpeace hatte am Montagvormittag Alarm geschlagen und von einem "Kniefall der Neos vor der Bundesregierung in Sachen Staatsziel Wirtschaftsstandort" gesprochen, denn in Medienberichten am Wochenende hatte es geheißen, die Zustimmung der Oppositionspartei sei fix. Die geplanten Änderungen würden dafür sorgen, dass der Umweltschutz und der Tierschutz de facto als Staatsziel aufgehoben werden, so die NGO. Greenpeace spricht von einem erneuten Angriff auf den Umweltschutz in Österreich.

Undurchsichtiges Spiel

Scherak störte sich auch an einer Ankündigung von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), wonach Gespräche mit den Umweltsprechern der Oppositionsparteien zu den UVP-Verfahren geführt würden: "Es liegt kein Gesprächstermin vor. Die Regierung spielt hier ein mehr als undurchsichtiges Spiel." In bisherigen Verhandlungen hätten die Neos gegenüber der Regierung dafür gesorgt, dass die Staatszielbestimmung "ein wichtiges Gleichgewicht von Wirtschaft und Umwelt enthält". Auf der anderen Seite fahre die Regierung bei der Novelle zu den UVP-Verfahren aber über engagierte Bürgerinnen und Bürger – und die Opposition – drüber. "Jetzt ist der Punkt erreicht, die Stopptaste zu drücken", so Scherak.

Acht Umwelt- und Naturschutzorganisationen haben eine Allianz gegen das Staatsziel Wirtschaftsstandort geschmiedet und einen gemeinsamen Brief an SPÖ und Neos verfasst, in dem diese aufgefordert werden, der Regierung keine Zweidrittelmehrheit zu schenken.

Einseitige Kräfteverschiebung

Die Regierung plant – so die Sorge der Umweltschützer – eine einseitige Kräfteverschiebung zugunsten kritischer Großprojekte. Denn auf das umstrittene Staatsziel folgten noch ein eigener Standortanwalt, der in UVP-Verfahren Umweltanliegen kleinreden solle, sowie ein besonders gefährliches Standortentwicklungsgesetz, das potenziell umweltschädliche Großprojekte mit einer rechtswidrigen Genehmigungsautomatik durchboxen wolle. Parallel dazu gebe es sehr konkrete Pläne, hohe österreichische Umweltstandards auf die Mindestvorgaben von EU-Richtlinien zurechtzustutzen.

"Unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung sollen Umweltstandards und Beteiligungsrechte geschwächt und nach Möglichkeit ausgehebelt werden. Wenn sich diese Linie durchsetzt, landet Österreich bald wieder in der Zeit vor Zwentendorf und Hainburg. Umso mehr bitten wir Sie, diesen gefährlichen Kurs der Bundesregierung nicht mitzutragen und aktiv für eine nachhaltige Entwicklung Österreichs einzutreten", betonen die Umweltorganisationen.

Alarmglocken schrillen

"Die Summe der geplanten Maßnahmen lässt alle Alarmglocken schrillen. Um die drohenden Gefahren für Umwelt und Demokratie in Österreich abzuwenden, haben wir am vergangenen Freitag Bundesministerin Köstinger dringend um einen gemeinsamen Krisengipfel mit den ebenfalls anerkannten Umweltorganisationen WWF und Greenpeace ersucht", sagt Leonore Gewessler, Geschäftsführerin von Global 2000.

Den von Köstinger geforderten Krisengipfel wird es nicht geben. Eine Absage aus dem Ministerium ist bereits eingetroffen. (APA, red, 15.10.2018)