Wo ist Jimi'e Kimeil?

Foto: PEN-Club

Der 12. Oktober 2018 bildet eine Zäsur in der UN-Menschenrechtsgeschichte. Eritrea ist vielleicht ein schönes Land, aber es ist vor allem eines: ein Friedhof der Menschenrechte. Dieser Friedhof ist seit 2012 kontinuierlich zur Besichtigung freigegeben, zum Beispiel in den Berichten von Sheila B. Keetharuth. Sie war bis Juni 2018 UN-Spezialberichterstatterin über die Situation der Menschenrechte in Eritrea. Sie wusste von allerschwersten, systematischen Menschenrechtsverletzungen zu berichten.

Dieses Land hat sich nun in den UN-Menschenrechtsrat wählen lassen. Wird Eritrea zustimmen, wenn der Menschenrechtsrat wieder einen Special Rapporteur für Eritrea ernennt? Auf den ersten ausführlichen Report aus dem Jahr 2016, mit Berichten über haarsträubende Verletzungen der Menschenrechte, folgten immerhin 45.000 von der Regierung gesponserte E-Mails gegen den Report. Soll jetzt also diese Wahrheit von innen, vom Menschenrechtsrat aus bekämpft werden?

Oder kann endlich Writers in Prison des Österreichischen PEN-Clubs, können endlich die Angehörigen und Freunde erfahren, wo das Ehrenmitglied des Österreichischen PEN, der investigative Journalist Jimi'ie Kimeil, gefangen gehalten wird, ohne Gerichtsverfahren oder Kontaktmöglichkeit mit Angehörigen natürlich? Wo ist er? Wie geht es ihm? Lebt er überhaupt noch? Es gibt kein Lebenszeichen seit 2005, seit 13 Jahren. Und wie geht es den 20 anderen ohne Gerichtsverfahren Verschleppten? Fünf von ihnen seit 17 Jahren!

Folterqualen durch Ungewissheit

Der Menschenrechtsrat in Genf gibt bekannt, dass NGOs, die sich für verschleppte Eritreer einsetzen, damit nur bewirken, dass das Regime sich deren Angehörige in Eritrea vorknöpft und sie Repressalien aussetzt. Nach Auskunft von Manfred Nowak, dem ehemaligen UN-Sonderbeauftragten für Folter, verletzt längeres Verschwindenlassen das Folterverbot. Dazu gebe es Judikatur, zum Beispiel beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und (wo wohl?) im UN Human Rights Committee. Da könnte Eritrea sich nun aus erster Hand informieren.

Diktator Afwerki will nicht nur die Gefangenen quälen, sondern auch die Angehörigen und Freunde. Die Methode heißt: Folterqualen durch Ungewissheit. Man weiß nicht, wie es den Gefangenen geht, nicht einmal ob der Gefangene noch lebt. Wäre er in Haft verstorben oder ermordet worden, könnten die Angehörigen wenigstens um ihn trauern, so aber werden sie ständig von der Ungewissheit gequält. Man kann das torture by uncertainty nennen.

Herr Afwerki, wo ist Jimi'e Kimeil, wo sind die anderen 20 Verschleppten? Geben Sie endlich Auskunft! Und lassen Sie die widerrechtlich Verschleppten endlich frei! Das ist das Mindeste, was man von einem Mitglied des UN-Menschenrechtsrats erwarten kann. Oder muss es heißen: Schurkenstaat kontaminiert UN-Menschenrechtsrat? (Wolfgang Martin Roth, 15.10.2018)