Umweltministerin Elisabeth Köstinger wollte den Abänderungsantrag erst nicht kommentieren und verwies auf die zuständigen Abgeordneten.

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Eine "ganz unschöne Sache" und ein "besorgniserregender Schritt in Richtung Orbánisierung", nannten Umweltorganisationen und Verfassungsjuristen die vom Gesetzgeber geplante Verschärfung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-Gesetz).

Durch einen, von den Abgeordneten Walter Rauch (FPÖ) und Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) in letzter Sekunde eingebrachten Abänderungsantrag, sollen die Rechte von Umweltorganisationen in Österreich künftig stark eingeschränkt werden: So werden Vereine mit weniger als hundert Mitgliedern von Umweltverfahren ausgeschlossen. Organisationen müssen außerdem die Namen und Anschriften sämtlicher Mitglieder offenlegen, Falschangaben will das Umweltministerium als Behörde ahnden. Laut einem Gutachten soll die Einschränkung jedoch rechtswidrig sein.

Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wollte den Abänderungsantrag nach dem Umweltausschuss nicht kommentieren, da dieser von zwei Abgeordneten und nicht vom Ministerium eingebracht wurde. Der Vorschlag "war nicht Bestandteil der Regierungsvorlage". Köstinger habe aber mit den Abgeordneten im Parlamentsklub darüber diskutiert.

Antrag landete im Ministerium

Tatsächlich dürfte der Änderung aber nicht nur eine Diskussion vorangegangen sein: Der Antrag landete zuvor im Ministerium. Hinweise deuten darauf hin, dass er auch dort verfasst worden sein könnte, wie STANDARD-Recherchen ergaben. Aus der PDF-Datei geht hervor, dass eine Ministeriumsmitarbeiterin Autorin des Antrags war. Die entsprechenden Hinweise sind in der digitalen Signatur des Dokuments, das an die Oppositionsparteien übermittelt wurde, neben Datum und Dateigröße zu finden. Im Umweltausschuss sagte Köstinger hingegen: "Ich möchte darauf hinweisen, dass die Regierungsvorlage keinen Passus beinhaltet hat, der Mitgliederzahlen von NGOs vorsieht."

Auf Nachfrage teilte das Ministerium dem STANDARD mit, dass es durchaus üblich sei, dass Abgeordnete Anträge vor Einbringung im Ministerium auf formale Kriterien prüfen lassen. Dort würden sie in ein neues Dokument kopiert werden, was die Mitarbeiterin als Autorin erkläre. Das Umweltministerium habe den Antrag daher natürlich bereits vor der Einbringung gekannt. Die Änderung sei "ein Wunsch der beiden Umweltsprecher Schmuckenschlager und Rauch" gewesen – und wurde von ihnen eingebracht.

ÖVP- und FPÖ-Abgeordnete sind nicht erreichbar

Der ÖVP-Abgeordnete Johannes Schmuckenschlager nahm zu der Urheberin auch nach mehrfacher Nachfrage bis Redaktionsschluss nicht Stellung. Unklar bleibt auch, wieso der Abänderungsantrag erst am Tag vor dem Umweltausschuss beanstandet wurde. Immerhin wurde die Gesetzesnovelle bereits Ende Juni 2018 in Begutachtung geschickt. Man sei sich sicher, dass alle Fristen eingehalten wurden, heißt es dazu aus dem Büro des ÖVP-Mandatars.

Auch FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch war für den STANDARD nicht zu erreichen. Ein Mitarbeiter des Abgeordneten bestätigte jedoch, dass der Antrag von den zwei Abgeordneten verfasst und im Ministerium überprüft wurde.

"Komischer Beigeschmack"

Die Opposition zeigte sich über die externe Autorin verwundert: "Entweder ich stehe als Abgeordneter dahinter oder nicht", sagte SPÖ-Umweltsprecher Klaus Feichtinger: "So hat das einen komischen Beigeschmack." Auch der kurzfristig eingebrachte Antrag wundert Feichtinger: "Die haben es offenbar sehr eilig gehabt." Das Dokument wurde erst am Nachmittag vor dem Umweltausschuss fertiggestellt. Eine 24-Stunden-Frist sei im Parlament "Usus" – und auch sonst hätten die Abgeordneten den ganzen Sommer Zeit gehabt, einen Abänderungsantrag einzubringen.

Bei der Liste Pilz zeigte man sich über die Urheberin ebenso erstaunt. Sollte Köstinger bereits vorab von dem Abänderungsantrag gewusst haben – oder dieser im Ministerium bearbeitet worden sein – "dann kann sie sich nicht davon distanzieren", sagte Bruno Rossmann, Umweltsprecher der Liste Pilz. "So zu tun, als wüsste man nichts, das ist fies."

Zwei Drittel der NGOs betroffen

Unterdessen haben die ÖVP- und FPÖ-Umweltsprecher heimische Umweltorganisationen zu einem Gespräch zur UVP-Novelle eingeladen. Greenpeace teilte bereits mit, nicht an dem Treffen teilzunehmen. Die Verantwortung liege laut der NGO bei Umweltministerin Köstinger, die ein Gespräch jedoch "verweigere".

Nach Angaben von Greenpeace werden durch die Gesetzesnovelle künftig rund zwei Drittel der 57 in Österreich anerkannten Umweltorganisationen von der Teilnahme an Umweltprüfungen ausgeschlossen. Laut dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer ist die Offenlegung der Mitgliederlisten "unzulässig", sie würden der Datenschutzgrundverordnung widersprechen. Auch der Verwaltungsrechtler Daniel Ennöckl nannte die Regelung verfassungsrechtlich bedenklich. (Nora Laufer, 16.10.2018)