"Kinder, die vor ihrer Geburt und während ihrer Kindheit Tabakrauch ausgesetzt sind, haben von Anfang an schlechtere Karten", sagte Kinderärztin Angela Zacharasiewicz.

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Wien – Bei knapp der Hälfte aller Säuglinge, die in den vergangenen zwei Jahren im Wiener Wilhelminenspital wegen einer schweren Respiratorische Synzytial-Virus-Infektion (RSV) behandelt wurden, konnte festgestellt werden, dass in ihrer unmittelbarer Umgebung geraucht wird. Das ergab eine Studie, für die 185 Babys unter einem Jahr untersucht wurden.

Eine RSV-Infektion verläuft typischerweise mit Husten und Schnupfen, 90 Prozent der Kinder kommen im ersten Lebensjahr mit dem Erreger in Berührung, wie Studienleiterin Angela Zacharasiewicz am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien erläuterte. Problematisch wird es, wenn auch die Lunge betroffen ist. Ein wesentlicher Risikofaktor für einen solchen schweren Verlauf ist das Passivrauchen.

Zumindest 25 der 185 Babys waren einer Belastung durch Tabakrauch selbst dann noch ausgesetzt, als sie bereits krank waren, sagte die Kinderärztin und stellvertretende Leiterin des Arbeitskreises für pädiatrische Pneumologie in der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP). Das haben die Ärzte im Wilhelminenspital durch Cotinin-Messungen im Harn festgestellt. Zusätzlich zeigte sich, dass Kinder mit Cotinin – dem Abbauprodukt von Nikotin – im Harn auch ein signifikant niedrigeres Geburtsgewicht hatten – das lässt sich vermutlich durch das Rauchen der Mütter in der Schwangerschaft erklären, meinte Zacharasiewicz.

Höhere Zigarettenpreise gefordert

Das Wissen der Eltern lässt offenbar zu wünschen übrig. "Was als Risiko bewertet wird, ist unterschiedlich. Manchmal wundert man sich", meinte Zacharasiewicz. Nicht weniger als 20 Prozent der Mütter, die im Rahmen der Studie nach ihren Rauchgewohnheiten gefragt wurden, gaben an, auch während der Schwangerschaft zur Zigarette gegriffen zu haben.

"Kinder, die vor ihrer Geburt und während ihrer Kindheit Tabakrauch ausgesetzt sind, haben von Anfang an schlechtere Karten", erklärte die Medizinerin. Als Folgen drohen unter anderem eine schlechte Lungenfunktion, Asthma oder auch plötzlicher Kindstod. "Wir befinden uns im 'roten Bereich'", warnte die Kinderärztin und urgierte eine intensive Aufklärung via Medienkampagnen sowie in Schulen und Kindergärten. Außerdem tritt sie für eine Erhöhung der Zigarettenpreise und für ein Rauchverbot an allen Orten ein, an denen Kinder anwesend.

"Die Studie zeigt, wie weit Österreich beim Nichtraucherschutz, speziell, was Kinder betrifft, hinterherhinkt. Wir sind nicht einmal in der Lage, unsere eigenen Kinder zu schützen. Dabei ist die Faktenlage ganz klar: Die kindliche Lunge ist besonders empfindlich und Schäden an der Lunge während der Wachstumsphase in der Kindheit werden spätestens im Erwachsenenalter zum Problem. Ein klarer Zusammenhang zwischen schlechter Lungenfunktion und frühem Tod ist längst erwiesen", so Zacharasiewicz. (APA, red, 16.10.2018)