Während das rationale Denken bewusst abläuft und dabei einen im Hirn lokalisierten Arbeitsspeicher benutzt, umgeht Intuition diesen Speicher.

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Wissenschaft gilt als Inbegriff der Vernunft. Logisches Denken, gründliches Prüfen sind ihre unverzichtbaren Werkzeuge. Sie sollen Objektivität garantieren. Ahnungen sind demgegenüber verpönt. Die Psychologin Barbara Kump, Universitätsassistentin am Institut für KMU-Management an der Wirtschaftsuniversität Wien, möchte dieses Bild allerdings korrigieren.

Das "Bauchgefühl" Intuition kann ein mächtiges Instrument im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess sein, so ihre These. Intuition darf dabei jedoch nicht als "sechster Sinn" verklärt werden. Vielmehr versteht Kump darunter eine Form der Datenverarbeitung.

Während das rationale Denken bewusst abläuft und dabei einen im Hirn lokalisierten Arbeitsspeicher benutzt, umgeht Intuition diesen Speicher. Ein Nachteil dieser Form von Denken ist, dass sie unbewusst abläuft. "Dieser Nachteil ist aber gleichzeitig ein Vorteil", meint Kump. "Unser bewusster Arbeitsspeicher ist sehr klein, er kann deshalb nur einen Bruchteil aller Eindrücke aufnehmen. Intuition kann viel mehr Daten schnell verarbeiten."

Sprachliche Bilder

Intuition lässt sich nur schwer sprachlich ausdrücken. Man behilft sich deshalb sprachlicher Bilder. Kennt man diese Einschränkungen, kann Intuition nutzbringend eingesetzt werden. "Intuition kann schnell Muster in Daten erkennen", so Kump. "Ein Beispiel ist der Arzt, der einen Patienten ansieht und intuitiv weiß, dass mit ihm etwas nicht stimmt."

Die Wissenschafterin hat ihren Ansatz bereits in einem Projekt aus dem Bereich der Organisationsforschung angewandt. Dabei ging es um die Frage, wie Unternehmen mit Veränderungen umgehen und welchen Herausforderungen sie dabei gegenüberstehen. Dafür hat sie mit einem Team Interviews mit Vertretern der Unternehmen durchgeführt.

"Einerseits sind wir mit einem rationalen Blick an die Aufgabe herangegangen", erklärt Kump. "Gleichzeitig haben wir aber explizit unsere Eindrücke auf uns wirken lassen." Ein Schritt im Rahmen der Auswertung der Interviews bestand dann darin, Assoziationen, Metaphern oder sprachliche Bilder zu entwickeln. Dabei tauchten etwa Begriffe wie "Ameisenhaufen", "Gleichmacherei" oder "Feriencamp" als Beschreibungen der Unternehmen auf. In der sehr emotional geführten Diskussion kristallisierten sich dann Hypothesen heraus.

Hypothesen überprüfen

Vielversprechende wurden von weniger plausiblen Hypothesen getrennt. Als letzter Schritt überprüften die Wissenschafter, ob die intuitiv gewonnenen Hypothesen von den Daten bestätigt werden oder nicht. Als externe Bestätigung der Methodik darf gelten, dass sich die Unternehmen in den Ergebnissen durchwegs wiederfanden. So war eine Firma beispielsweise sehr auf die Gleichwertigkeit aller Mitarbeiter bedacht. Das Projekt konnte jedoch herausarbeiten, dass zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern ein latenter Konflikt besteht.

Kumps Ideen dürften auch in der wissenschaftlichen Community auf Gehör stoßen. So publizierte sie gemeinsam mit Christina Schweiger von der FH Wien der WKW ein Paper, das bei der Managementkonferenz Euram mit dem "Most Inspirational Paper Award" ausgezeichnet wurde. (Raimund Lang, 19.10.2018)