Touristen im Rotlichtviertel De Walletjes in Amsterdam. Geführte Touren durch die Rotlichtbezirke sind auf maximal 20 Teilnehmer begrenzt worden.

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Die Steigerungsraten im Tourismus sind enorm, die Besucherströme in vielen europäischen Städten rufen nach Lenkung. Die Bewohner wehren sich, und Städte setzen erste Maßnahmen gegen den Ansturm. Auch in Österreich wird der Ruf nach Strategien gegen den "Overtourism" lauter – etwa in Hallstatt und Salzburg. Als Vorbild könnte Amsterdam dienen, das in den letzten Jahren konsequent gegen die Touristenmassen vorgeht.

Im Vorjahr verzeichnete die niederländische Hauptstadt 18 Millionen Touristen. Das waren sieben Millionen mehr als im Jahr 2005. Dem gegenüber stehen 850.000 Einwohner. "Die Straßen sind verstopft, die Mieten steigen. Genug ist genug. Wir wollen keine neuen Hotels mehr", sagte Claartje van Ette bei den Salzburger Verkehrstagen am Dienstag. Sie leitet "City in Balance", ein Programm, das die Stadt zur Lenkung der Touristenströme umsetzt. Die Prostituierten hinter den Fenstern und die mehr als 130 Coffeeshops würden ein bestimmtes Publikum anziehen. Die Folgen seien Lärm, Abfall und Gedränge.

Kein Themenpark

Amsterdam hat die Notbremse gezogen und setzt bei vielen Hebeln an: In den meisten Stadtteilen werden keine neuen Hotels mehr genehmigt. Dasselbe gilt für Touristenshops und Souvenirläden. "Die Einkaufsstraße muss auch für die Bewohner attraktiv sein", sagt van Ette. Zusammen mit den Onlineportalen Airbnb und Booking.com habe sich die Stadt auf ein Limit für Vermietungen von 60 Tagen pro Jahr geeinigt. Und die Tourismusabgabe wurde auf sieben Prozent pro Nacht erhöht.

Der Tourismus ist auch ein Wirtschaftsfaktor. 6,3 Milliarden Euro lassen die Touristen pro Jahr in Amsterdam, 65.000 Beschäftigte arbeiten im Tourismus. Aber die Prioritäten der Stadt müssten klar sein. "Amsterdam ist kein Themenpark", sagt van Ette. "Wir wollen die Stadt lebenswert für die Bewohner halten." Für geführte Rotlichtviertel-Touren gibt es Begrenzungen, die Bierbikes werden aus der Stadt verbannt und Touristen auch in die umliegende Region gelockt. Das Problem der Kreuzfahrtschiffe soll mit einer neuen Brücke, die nur kleine Schiffe anlegen lässt, gelöst und auch die Anlegestellen für Grachtenrundfahrten aus dem Zentrum ausgelagert werden.

Auch Hallstatt hat mit einem Besucheransturm zu kämpfen. 5.000 Touristen pro Tag kommen auf 780 Einwohner. Im Vorjahr waren 16.500 Busse im Ort. "Es pendelt sich nicht ein. Heuer werden es 19.000 sein", sagt Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ). Die Stadt sei seit den 90er-Jahren mit Schranken abgesperrt. "Die Menge der Menschen stellt das Problem dar. Die Bewohner können sie nicht mehr sehen", sagt Scheutz.

Busslots für Hallstatt

Er hat sich nun professionelle Hilfe geholt. Ein Verkehrsplaner, ein Tourismusexperte und ein Mediator sollen ein Konzept ausarbeiten. "Wir müssen eine Reduktion der Tagesgäste erreichen", betont der Bürgermeister. Vorstellbar sei etwa ein Slotsystem für Busse. Bei einer gewissen Anzahl sei Schluss. Dabei könnte sich die oberösterreichische Gemeinde auf Neuland begeben. "Es ist mir nicht bekannt, dass eine Kommune Gruppen abweist. Das machen normal nur Museen oder Seilbahnen", sagt Scheutz. Drehkreuze am Stadteingang lehnt er aber ab.

Und Salzburg? "Wir müssen uns wappnen. Im asiatischen Raum fangen sie erst an zu reisen", sagt Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ). "Jede Stadt hat eine Grenze. Leute, die nur zwei Stunden durchgeschleust werden, oder Adventmarkt-Rallyes sind nicht die Touristen, die wir haben wollen." Um den Reisebusverkehr aus der Stadt zu bringen, setzt Auinger auf eine Messebahn. (Stefanie Ruep, 17.10.2018)