Markus Schopp hat sich auf seine erste Station als Cheftrainer intensiv vorbereitet.

APA/GERT EGGENBERGER

Sieht man es nüchtern, sind es nur 90 Minuten. Sie beginnen am Samstag um 17 Uhr (DER STANDARD-Liveticker), enden knapp zwei Stunden später, im Fußball gibt es ja Halbzeitpausen und Nachspielzeiten. Erstmals ist die Hartberger Profertil-Arena ausverkauft, Rapid kommt. Trainer Markus Schopp schreckt das kaum, wobei der 44-jährige Grazer dem Gegner selbstverständlich die weitaus höhere Qualität zugesteht. "In Wahrheit sind diese Spiele ganz große Geschenke für uns. Ein tolles Ereignis für die Leute in der Region, Rapid ist eben besonders interessant."

Am 7. Juni hat Schopp den TSV Hartberg übernommen. Zu einem Zeitpunkt, als die Mannschaft mitten im Zerfallsprozess steckte. Christian Ilzer war als Trainer zum Wolfsberger AC gewechselt, er wollte unbedingt in der höchsten Klasse arbeiten. Schopp ließ sich auf das Wagnis, das Ungewisse ein. "Es gab viele Baustellen, wir brauchten eine Mannschaft."

Die unermüdliche Präsidentin Brigitte Annerl hatte vor Gericht quasi in der Nachspielzeit die Teilnahme an die Zwölferliga erstritten. Hartberg war erst am 29. Mai offiziell aufgestiegen. Die Bundesliga, die in mehreren Instanzen die Lizenz verweigert hatte, schämte sich – zwei blaue Augen sind geblieben. Nach zehn Runden und immerhin drei Siegen (Mattersburg, Altach, WAC) sagt Schopp: "Wir sind angekommen, haben die Zweifler überzeugt, uns wurde ja die Konkurrenzfähigkeit abgesprochen." Wobei man weiterhin in Demut, mit der notwendigen Bodenständigkeit agieren werde. "Ziel kann nur der Klassenerhalt sein. Es ist aber nicht so, dass wir nur einmal kurz im großen österreichischen Fußball vorbeischauen wollen."

Idealer Zeitpunkt

Schopp selbst wollte Verantwortung übernehmen, Chef sein. "Es war ein persönlicher Wachstumsprozess, ich wollte nichts überstürzen, lernen, bereit sein. Nun war es Zeit für diesen Schritt." Als sehr aktiver Mittelfeldspieler hatte er extrem viel erreicht, Schopp blickt auf eine "runde Karriere" zurück. Zunächst Sturm Graz, dann der Hamburger SV, zwischen 1998 und 2001 wurde er mit Sturm zweimal Meister, nahm dreimal an der Champions League teil. Es folgten vier Jahre in Italien bei Brescia, die letzte Station war Red Bull Salzburg (2006). Im Nationalteam war Schopp 56-mal im Einsatz (sechs Tore). "Ich hatte gute und schlechte Trainer." Ein besonders guter sei Ivica Osim in Graz gewesen. "Er hatte klare Ideale vom Fußball, war überzeugt von dem, was er tut. Und er konnte es vermitteln."

Schopp ist seine Trainerlaufbahn behutsam, im Nachwuchsbereich von Sturm, angegangen. 2013 war er ganz kurz interimistischer Chef der Ersten. "Mir war klar, wieder in die zweite Linie zurückzutreten. Es war zu früh, ich stand im Wachstumsprozess." Im September 2017 wurde er Assistent in St. Pölten. Der größte Unterschied zum Kickerdasein? "Als Aktiver bist du nur mit dir selbst beschäftigt, für dich verantwortlich. Als Trainer musst du im Großen denken, jeden Einzelnen weiterentwickeln." Schopp erfindet Fußball nicht neu, natürlich seien Ballbesitz und schnelles Umschalten wesentliche Bausteine. "Es geht ums Resultat. Bei Rapid und auch in Hartberg." Am wichtigsten sei es, "mutig zu sein. Du darfst keine Angst haben, in keinem Training. Der Grat zwischen Mut und Dummheit ist natürlich ein recht schmaler."

Begabter Kühbauer

Das beschauliche Hartberg sei für ihn ein idealer Boden, um sich zu präsentieren, zu etablieren. "Ich würde aber nicht behaupten, dass es hier keinen Stress gibt. Man ist den netten Menschen verantwortlich." Der Klub hat das niedrigste Budget (vier Millionen Euro), im Backoffice sitzen zwei Leute, bei Rapid dürften es rund 100 sein. Schopp hat in St. Pölten ein paar Wochen als Assistent von Dietmar Kühbauer, dem aktuellen Rapid-Coach, gearbeitet. "Eine extrem wichtige Phase für mich. Kühbauer besitzt eine unglaubliche Begabung zur Detailanalyse, er bringt die Dinge auf den Punkt."

Schopps Assistent in Hartberg ist Jürgen Säumel, auch er hat als Spieler von Sturm Karriere gemacht. "Wir ergänzen uns gut, er übernimmt Verantwortung."

Am Samstag kommt also Rapid. Die Hütteldorfer sind Siebenter, haben läppische drei Zähler mehr als das neuntplatzierte Hartberg. "Damit wir gewinnen", sagt Schopp, "muss zur Stunde X alles perfekt passen. Hartberg braucht immer das Quäntchen Glück." Andererseits sei man in der Bundesliga angekommen. "Wir können jeden ärgern und besiegen. Aber es kann in den 90 Minuten auch alles ins Gegenteil umschlagen." (Christian Hackl, 19.10.2018)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen:

TSV Prolactal Hartberg – SK Rapid Wien (Hartberg, Profertil Arena, 17.00 Uhr, SR Muckenhammer)

Hartberg: Swete – Blauensteiner, Huber, Siegl, Rasswalder – Sittsam – Sanogo, Ljubic, Kröpfl, Rep – Flecker

Ersatz: Faist – Rotter, T. Kainz, Mann, Ilic, Schubert, Tadic

Es fehlt: Diarra (Knieverletzung), Holzer (Knöchelblessur)

Rapid: Strebinger – Potzmann, Sonnleitner, Dibon, Bolingoli – Murg, D. Ljubicic, Schwab, Knasmüllner – Pavlovic, Alar

Ersatz: Knoflach – Barac, Müldür, Auer, Thurnwald, Kostic, Martic, Guillemenot, Berisha, Ivan

Es fehlen: P. Gartler (Kahnbeinbruch), Hofmann (Außenbandriss im Knie), Mocinic, Szanto, Schobesberger (alle im Aufbautraining)