Peter Schröcksnadel: "Der ÖSV muss Vorbildwirkung haben, wir erwarten von allen Funktionären und Trainern einen tadellosen Leumund."

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Innsbruck/Wien – Das nennt man eine flotte Reaktion. Am Mittwoch hat sich der Österreichische Skiverband (ÖSV) mit sofortiger Wirkung von einem hochrangigen Trainer getrennt. Dieser war, wie es in der ÖSV-Aussendung hieß, "vor seiner Tätigkeit im ÖSV in einen von mehreren Männern verübten massiven sexuellen Übergriff an einer jungen Frau verwickelt". Nach internen Untersuchungen habe man den Mann "ausgeforscht und befragt".

Der "Spiegel" schrieb kürzlich von der "Massenvergewaltigung eines Mädchens", die sich "vor Jahrzehnten in Schladming" ereignete. Laut ÖSV wurde der Mann später vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen, er habe aber sehr wohl eine "mindergewichtige Verurteilung" kassiert. Diese schien in der Strafregisterbescheinigung nicht auf, "weshalb der ÖSV davon keine Kenntnis haben konnte", hält der ÖSV nun fest. So oder so sei die Zusammenarbeit am Mittwoch dennoch "unverzüglich" beendet worden, nachdem externe Juristen die vorliegenden Informationen geprüft hätten.

Ein Trainer des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) ist entlassen worden, nachdem er im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" beschuldigt wurde, an der Gruppenvergewaltigung eines Mädchen beteiligt gewesen zu sein.
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Pum: "Wir nehmen diese Sache sehr, sehr ernst"

"Es gibt Vorfälle, die mögen juristisch verjähren, moralisch aber nicht." So haben ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und Sportdirektor Hans Pum die Suspendierung des Trainers begründet. Schon am Dienstag war aufgefallen, dass der ÖSV den Coach aus der Auflistung seiner Trainer auf der Verbands-Webseite gestrichen hatte. Darauf angesprochen, hatte Pum zum STANDARD gesagt: "Wir nehmen diese Sache sehr, sehr ernst." Schon in diesem Gespräch hatte Pum rasche Konsequenzen angekündigt, wenige Stunden später wurden sie tatsächlich gezogen.

Schröcksnadel betont "die Vorbildwirkung", die der ÖSV haben müsse. "Wir erwarten von allen Funktionären und Trainern einen tadellosen Leumund. Alle ÖSV-Mitarbeiter verpflichten sich zu respektvollem Umgang, Achtung der persönlichen Freiheit und wertschätzendem Verhalten." Der betroffenen Frau drückte der Skiverband sein Mitgefühl aus. Verwundert zeigt sich Schröcksnadel allerdings über den Zeitpunkt der, wie es in der Aussendung heißt, "sogenannten Enthüllung unmittelbar vor dem Start der Skisaison". Schließlich habe der Skiverband "schon vor Monaten offizielle Ansprechstellen eingerichtet, an die man sich mit konkreten Hinweisen auch anonym wenden kann". Die Skisaison beginnt am Wochenende mit zwei Riesentorläufen in Sölden.

Ermittlungsverfahren gegen Kahr eingestellt

In Leoben wurde mittlerweile das Ermittlungsverfahren gegen Karl "Charly" Kahr wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe wegen Verjährung eingestellt. Dies teilten am Mittwoch der Sprecher der Staatsanwaltschaft Leoben, Andreas Riedler, wie auch Kahrs Rechtsvertreter Manfred Ainedter der Austria Presse Agentur (APA) mit. Die Staatsanwaltschaft hatte aufgrund von Anschuldigungen gegen Kahr ermittelt. Die Einstellung war erwartet worden, beträgt doch die Verjährungsfrist bei den schwerstwiegenden Fällen nicht mehr als zwanzig Jahre. Die Vorwürfe, denen Kahr sich ausgesetzt sieht, reichen weiter zurück, in die 70er- und 60er-Jahre.

Abzuwarten bleibt, ob Kahr (86) am Donnerstag vor dem Wiener Landesgericht für Strafsachen erscheint, wenn das von ihm angestrengte medienrechtliche Verfahren gegen die Süddeutsche Zeitung eröffnet wird. Die SZ hatte im Februar von schweren Vorwürfen ehemaliger Skirennläuferinnen gegen Kahr berichtet. Eine behauptet, sie sei als 16-Jährige im Winter 1968/69 vom damaligen Cheftrainer vergewaltigt worden. Die zweite erklärte, Kahr habe im Winter 1976 in Quebec versucht, sie zu vergewaltigen.

Ein weiteres Verfahren, das Kahr bemüht hat, hat in Bludenz bereits begonnen es setzt sich am 9. November fort. Der Schladminger hat eine ehemalige Skirennläuferin und ihren Ehemann wegen übler Nachrede geklagt. Diese hatte einer weiteren Skirennläuferin, nämlich der österreichischen Jahrhundertsportlerin Annemarie Moser-Pröll, mehrere Whatsapp-Nachrichten geschickt, die Kahr und Pröll betrafen. Pröll setzte Kahr in Kenntnis, und Ainedter reichte die Klage ein. (Fritz Neumann, 24.10.2018)