Per Schlauchboot wurden die geretteten Menschen von der Crew der Aquarius 2 in internationalen Gewässern an Malta übergeben.

Bianca Blei

Die Gruppe der 58 Geretteten, die von dem Hilfsschiff Aquarius 2 am 30. September an die maltesische Küstenwache übergeben wurde, wurde aufgelöst. Vier Staaten hatten sich mit Malta auf eine Verteilung der Menschen geeinigt: Frankreich übernahm 17 Fälle, Spanien 16, Deutschland 15 und Portugal zehn. Nach welchen Kriterien die Personen aufgeteilt wurden, ist unklar. Ein Sprecher des spanischen Innenministeriums sagte dem STANDARD aber, dass sich die Geretteten offenbar freiwillig für eine Aufnahme durch Spanien bewerben mussten. Wie diese Bewerbung ablaufe, ließ er offen.

Asylverfahren im Staat

Spanien und Frankreich haben die Geretteten bereits vor rund zweieinhalb Wochen in ihre Staaten geflogen. Davor hatten Beamte der Länder in Malta Interviews mit den Betroffenen geführt und ihre Berichte an ihre zuständigen Behörden geschickt. Das Asylverfahren beginnt aber erst innerhalb der Staatsgrenzen des zuständigen Landes. Laut einer Sprecherin des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bedeutet das, dass die Personen vor dem Transfer medizinisch untersucht, registriert und angehört werden. Außerdem durchlaufen sie eine Überprüfung durch die deutschen Sicherheitsbehörden.

Die Personen, für die Deutschland und Portugal zuständig sind, befinden sich noch immer in dem geschlossenen Aufnahmezentrum in der maltesischen Hauptstadt Valletta. Zwar hatten alle Betroffenen bereits ihre Gespräche mit den Beamten der jeweiligen Länder, doch steht auch fast vier Wochen nach der Ankunft noch kein Datum für ihre Ausreise fest.

Verdreckte Sanitäreinrichtungen

In einem Telefonat mit dem STANDARD zeigt sich Fouad, der gemeinsam mit seiner Frau Maha und seinen vier Kindern aus Libyen geflohen ist, verzweifelt. "Niemand gibt uns Informationen, was weiter mit uns passiert", erzählt der 37-Jährige. Außerdem berichtet er von verdreckten Sanitäreinrichtungen im Aufnahmezentrum und dass er mit seiner Familie in einem Raum mit 17 weiteren Personen schläft. Seine Kinder seien von dem Essen krank geworden, sagt der Libyer und schickt anschließend Bilder des Ausschlags am Rücken und Gesäß seines zweijährigen Sohnes. Ein Geretteter aus Algerien schreibt: "Es nennt sich Aufnahmezentrum, aber fühlt sich wie ein Gefängnis an."

Die Kritik an der Unterbringung in maltesischen Aufnahmeeinrichtungen ist nicht neu. Bereits im Jahr 2012 kritisierte die Hilfsorganisation Human Rights Watch in einem Bericht, dass Malta ankommende Migranten und Flüchtlinge automatisch einsperrt. Zwar habe sich die Lage für Personen verbessert, deren Fall in Malta bearbeitet wird, sagt Katrine Camilleri zum STANDARD. Sie leitet die Hilfsorganisation Jesuit Refugee Service, die auch Zugang zu der Aufnahmeeinrichtung hat, in der die Geretteten der Aquarius 2 untergebracht sind. Doch Camilleri fügt hinzu, dass vor allem für Menschen, die auf andere EU-Staaten aufgeteilt werden, die Zustände weiterhin untragbar seien.

"Unsicherheit für Betroffene"

Es würde teilweise Wochen dauern, bis die Staaten Beamte nach Malta senden, sagt Camilleri. So lange dürften die Menschen das Zentrum nicht verlassen. Außerdem sei das medizinische und psychosoziale Angebot in der Einrichtung ungenügend: "Wir wissen, dass den Leuten etwa in Libyen Schreckliches passiert ist. Ein ordentliches System sollte helfen, doch in Malta ist es überfordert."

Für die Direktorin des Jesuit Refugee Service wird die Verteilung der Geretteten auf EU-Staaten als "gute Antwort auf eine komplexe Frage" präsentiert. Doch bedeute es weitere "Unsicherheit für die Betroffenen". Camilleri erzählt auch, dass die Einrichtung überlastet ist, was die Zahl der Untergebrachten betrifft. Allein in den vergangenen drei Wochen seien 250 Menschen in das Zentrum gebracht worden. (Bianca Blei, 25.10.2018)