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STANDARD: Was werfen Sie Gustav Kuhn konkret vor?

Dumfart: Auch bei mir gab es 2015 einen sexuellen Übergriff. Herr Kuhn hat mir während eines ganz normalen Gesprächs aus dem Nichts heraus zwischen die Beine und unter den Pullover gegriffen und hat versucht, mich zu küssen.

STANDARD: In welchem Zusammenhang und wo soll der Übergriff passiert sein?

Dumfart: Während eines ganz normalen Arbeitsgesprächs, zu dem Kuhn mich nach den Proben in Lucca bestellt hat.

STANDARD: Kuhn sprach davon, dass es "Missverständnisse" gegeben haben könnte. Können Sie in Ihrem Fall ein "Missverständnis" ausschließen?

Dumfart: "Man kann schwer einer Frau missverständlich unter den Pullover greifen", um Armin Wolf zu zitieren. Das bringt es unter anderem ziemlich gut auf den Punkt. Also nein, es war kein Missverständnis.

STANDARD: Warum haben Sie damals nicht sofort Anzeige erstattet?

Dumfart: Weil ich das wie viele Betroffene mit mir selbst ausmachen wollte und ich deshalb abgereist und nicht mehr nach Erl zurückgekommen bin. Man denkt sich, die Sache ist für mich erledigt. Außerdem: Man merkt ja jetzt, wie schwierig es ist, sogar jetzt, nachdem so viele Leute sich getraut haben, den Mund aufzumachen. Dann stellen Sie sich mal vor, man ist ganz allein! Und ja, ich hatte auch Angst. Ich habe vor Gericht aber bereits als Zeugin ausgesagt, der Fall liegt mittlerweile bei der Staatsanwaltschaft.

STANDARD: Was sagen Sie zum "ZiB 2"-Auftritt von Gustav Kuhn?

Dumfart: Ich fand es traurig und auch schade, dass Herr Kuhn nicht die Größe gehabt hat, Fehlverhalten einzugestehen und dafür Verantwortung zu übernehmen.

ORF

STANDARD: Was haben Sie vor Gericht ausgesagt? Kuhn behauptet ja, Sie hätten dort relativiert.

Dumfart: Das Gegenteil ist der Fall, ich habe konkretisiert. Da es laufende Ermittlungen sind, möchte ich nicht allzu sehr ins Detail gehen, aber bei Gericht habe ich den Vorfall und Kuhns Reaktion auf meine Zurückweisung sogar viel detaillierter erzählt, als ich das später in der Öffentlichkeit getan habe.

STANDARD: Kuhn meint, es würden sich nur jene beschweren, die künstlerisch gescheitert seien. Was sagen Sie dazu?

Dumfart: Dass er nicht sehen kann, dass es bei sexuellen Übergriffen nicht um Künstlerisches geht, ist schade. Es ist halt seine unglücklich gewählte Art zu argumentieren, um Frauen und Männern, die das Wort erhoben haben, Rachegefühle zu unterstellen. Was mich angeht, bin ich ja selbst von Erl weggegangen, und ich habe auch keine anonymen Anschuldigungen erhoben im Vorfeld. Erst als Kuhn den Blogger Markus Wilhelm geklagt hat, habe ich als Zeugin im Sinne der Wahrheitsfindung vor Gericht ausgesagt. Das war der Zeitpunkt, wo ich mir dann gedacht habe, dass auch meine Geschichte als ein Mosaikstein für den Gerichtsprozess relevant sein würde.

STANDARD: Die Grenze wird beim Strafrecht gezogen. Gibt es für Sie auch davor schon Grenzen?

Dumfart: Ja. Es gibt abgesehen von der strafrechtlichen für mich auch eine gesellschaftspolitische, moralische Verantwortung.

STANDARD: Gustav Kuhn hat jetzt tatsächlich alle Funktionen zurückgelegt, in Erl wurde ein neuer Intendant bestellt.

Dumfart: Wie gesagt, ich persönlich hätte es schön gefunden, wenn sich Kuhn für "übergriffiges Verhalten", wie er es selbst nannte, entschuldigt und Fehlverhalten eingestanden hätte. Den Festspielen Erl wünsche ich nun aber alles Beste, es war eine gute Entscheidung. (Stefan Weiss, 25.10.2018)