München – Wenn Politiker polemische Begriffe wie "Asyltourismus" oder "Anti-Abschiebe-Industrie" verwenden, dann muss darüber auch berichtet werden. Dies stellte die Chefredakteurin der "Frankfurter Rundschau", Bascha Mika, am Donnerstag bei den Medientagen München fest. "Wir können nicht so tun, als wären solche Begriffe nicht in der Welt", sagte sie.

Es stelle sich aber die Frage, "in welcher Form und in welchem Ausmaß" darüber berichtet werden solle, fügte Mika bei der Veranstaltung des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger hinzu. Dass Journalisten somit auf polemische Begriffe nicht grundsätzlich verzichten können, waren sich die geladenen Experten dort einig.

"Herdprämie" statt "Betreuungsgeld"

Auch der "Spiegel"-Redakteur Jan Fleischhauer betonte: "Es ist meine Aufgabe als Journalist, auch über die Aufregung über solche Begriffe zu schreiben." Nicht nur Rechtspopulisten bedienten sich einer tendenziösen Sprache, sondern auch linke Politiker, wenn sie etwa von "Herdprämie" statt von "Betreuungsgeld" sprechen.

Die Ideologieforscherin Elisabeth Wehling machte deutlich, dass viele Begriffe unterschwellig eine bestimmte Deutung mitliefern. Die Wissenschaft bezeichnet das als Framing. Politiker wie US-Präsident Donald Trump erzeugten mit einer solchen Sprache eine Angst, die die Wähler instinktiv nach rechts treibe. Ein Beispiel sei schon das Wort "Flüchtling", weil die meisten dabei nur an Männer denken, nicht an Frauen.

Fleischhauer widersprach und warnte vor einer "sprachlichen Bevormundung", die bei Zuschauern, Hörern und Lesern eine Abwehrreaktion erzeuge. Auf manchen Sendern werde jetzt nur noch von "Geflüchteten" gesprochen. "Sprachpolitisch stehen damit der aus der Hölle von Aleppo Entkommene und der aus der Kneipe Geflüchtete auf einer Ebene." (26.10.2018)