Diskussion bei Anne Will nach der Landtagswahl in Hessen. >>> Die Sendung zum Nachsehen finden Sie hier in der TVThek der ARD.

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Mochte die Politlage auch ungemütlich sein – TV-Diskussionen beim nördlichen Nachbarn zeichneten sich bis dato durch respektvolle Rede und Gegenrede aus. Der Tonfall war – bei aller Allergie den Kontrahenten gegenüber – letztlich gemäßigt wie nach dem Lehrbuch von Freiherr Knigge. Bei Anne Will nach der Hessen-Wahl, die als mögliche Abrissbirne der Berliner nicht mehr sehr großen Koalition betrachtet wird, jedoch ein Bild der Gereiztheit.

"Darf ich einmal ausreden!", schnauzt Robert Habeck (der Grüne) den FDPler Christian Lindner an, der die Umweltpartei als "Klimanationalisten" bezeichnet und Habeck nun mit "Du redest viel!" weiter triezt.

Moderatorin Anne Will lässt solche Duelle laufen, sie sind Dokumente. Nur als die Hessen-Debatte zu einem Grüne-FDP-Streit über den Ausstieg aus der Braunkohle wird, greift sie ein. Sie hat auch andere ungewohnte Fronten zu beackern, die sie allerdings selbst eröffnet. Will wirft Olaf Scholz vor, immer die gleichen Antworten zu geben, worauf der SPDler aus seiner Gelassenheit herausplatzt: Er würde nicht des Unterhaltungswerts wegen anderes von sich geben!

Scholz' Dünnhäutigkeit aber ist neu. Und ungewohnt ist der kalte Blick, mit dem Annegret Kramp-Karrenbauer die Worte anderer verfolgt. Eher herzlich kam die CDU-Generalsekretärin früher rüber, die am Sonntag nur lächelt, als jemand vorschlägt, CSU-Mann Horst Seehofer heimzuschicken.

Verkehrte Welt zwischendurch. Die Opposition, die untereinander stritt, machte sich Sorgen um die Regierung. Nervös waren die Leute. Der Eindruck: Bald dürften sich die Dinge überschlagen. Und wie der Merkel-Montag zeigte, war der Eindruck nicht ganz falsch. (Ljubiša Tošić, 29.10.2018)