Vizekanzler Strache sagt, dass "vernünftige Lösungen zum Schutz vor Gewalttätern im Netz" notwendig seien. Jedoch sei darauf zu achten, "nicht in einen alles kontrollierenden Überwachungsstaat abzugleiten".

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Die Bundesregierung lädt im November zu einem Gipfel ein, bei dem Hass im Netz und die Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, debattiert werden sollen. Auch mögliche strafrechtliche Verschärfungen sollen diskutiert werden. Auslöser waren unter anderem der Fall der ehemaligen Grünen-Abgeordneten Sigrid Maurer sowie Hasspostings gegenüber Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Eingeladen sind Opfer, Medienvertreter und Betreiber von sozialen Medien.

"Strache ist der Hass im Netz"

Die Reaktionen auf den Gipfel sind gemischt: Während die Pläne großteils als positiv angesehen werden, kritisieren die Opposition und SOS Mitmensch den Umgang der Regierung mit Hass und dessen Opfern. SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak schrieb im Forum des STANDARD: "Strache ist der Hass im Netz! Er ist in Österreich DER Produzent von Postings, die zu Hass anstacheln. Und er macht keinerlei Anstalten, davon abzurücken." Pollak verweist als Beispiel auf die aktuelle Debatte über eine rassistische FPÖ-Kampagne zur Familienbeihilfe.

FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache hatte ein Posting der Freiheitlichen Arbeitnehmer geteilt, das zwei junge Frauen mit Kopftuch zeigt, der Begleittext dazu lautet: "Familienbeihilfe für Kinder im Ausland wird gekürzt!" Kritisiert wird daran unter anderem, dass das Sujet suggeriere, dass ein großer Teil der Familienbeihilfe an muslimische Kinder gehe – obwohl 90 Prozent der Zahlungen an Kinder in Ungarn, der Slowakei, Polen, Rumänien, Slowenien und Tschechien ausbezahlt würden.

Strache generiert massenhaft wütende Reaktionen

Strache ist für seine aggressive Kommunikation auf seinem Facebook-Profil bekannt. Eine Datenanalyse des STANDARD zeigte, dass der FPÖ-Chef im Vergleich mit anderen Politikern bei weitem die meisten sogenannten "Angry"-Reaktionen auf der Plattform auslöst. Seit dem Nationalratswahlkampf, in dem Straches Beiträge zu enormen Mengen an wütenden Reaktionen führten, ist die Zahl solcher Postings zwar zurückgegangen, macht aber weiterhin einen erheblichen Teil seines Profils aus. Vor allem Postings, die zu Artikeln der "Kronen Zeitung" führen – die mit Abstand am öftesten von ihm verlinkt wird –, generieren massive Mengen an "Angry"-Reaktionen.

Strache selbst erklärte zu dem Gipfel, dass "vernünftige Lösungen zum Schutz vor Gewalttätern im Netz und im realen Leben" notwendig seien. Allerdings sei darauf zu achten, "nicht in einen alles kontrollierenden Überwachungsstaat abzugleiten".

Befürwortung und Kritik bei der Opposition

Die Opposition begrüßt die Pläne der Regierung zwar, die SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek befürchtet aber eine "Regierungsshow ohne Output". Neos-Justizsprecherin Irmgard Griss kritisiert hingegen, dass die Kürzungen der Regierung bei Fraueneinrichtungen und in der Justiz im Widerspruch zu dem Ziel stünden, den Opferschutz zu stärken. Maria Stern, Obfrau der Liste Pilz, befürwortet den Gipfel ebenso, fügt aber gegenüber dem STANDARD hinzu: "Mich interessiert sehr, wie die ÖVP mit Hasspostings der FPÖ-Sympathisanten umgehen wird."

Sie verweist dabei auf die FPÖ-nahe Plattform unzensuriert.at, deren ehemaliger Chefredakteur Alexander Höferl heute Teil des Kabinetts von Innenminister Herbert Kickl ist. "Es wird spannend zu sehen, ob die FPÖ ihre Politik der Hasskommentare nach dem Gipfel tatsächlich ändert", sagt Stern. Die Liste Pilz sei aktuell dabei, gemeinsam mit der Opposition eine Arbeitsgruppe zu erstellen, in der mit Spezialisten eruiert werden soll, wo Gesetze nachgeschärft werden müssten.

Taskforce arbeitet "hinter verschlossenen Türen"

Wichtig und gut sei, dass der Gipfel jetzt stattfinde und nicht erst dann, wenn die Taskforce Strafrecht im Mai 2019 ihre Ergebnisse präsentiert, sagt Stern. Diese soll bis dahin "Verbesserungen in den Bereichen Strafrecht, Opferschutz und aktive Täterarbeit erarbeiten", heißt es in einer Pressemitteilung des Innenministeriums. Stern kritisiert, dass das "hinter verschlossenen Türen" geschehe. (Muzayen Al-Youssef, 30.10.2018)