Im österreichischen, europäischen Fernsehen sieht man zu wenig Donald Trump. Das sind immer nur Fitzelchen seiner Auftritte. Anders im US-TV. Das ist eine Offenbarung: Ein solch übler Schmierenschauspieler ohne Hemmungen, geschweige denn Klasse, hat das Amt des Präsidenten seit Menschengedenken nicht ausgefüllt. Redeausschnitte von 25 Sekunden genügen, um diesen hasserfüllten Scharlatan zu erkennen. Dieses luxuriöse, wohlige Zurückdehnen des Oberkörpers, wenn er wieder eine glatte Lüge und/oder eine Beschimpfung loslässt; dieser bösartig gespitzte kleine Mund, dieses breite Feixen, wenn er wieder eine Gemeinheit losgeworden ist; und diese völlig gefakte staatsmännische Miene – das zeigt einen Trump, den man in Europa so nicht kannte.

Dennoch haben ihn die Amerikaner gewählt, wenn auch nur mithilfe des veralteten Wahlrechts, und es bestehen gewisse Chancen, dass die Republikaner bei den Midterm Elections in ein paar Tagen die Mehrheit im Kongress behalten. Das würde, so fürchten keineswegs hysterische Beobachter, Trump die Möglichkeit eröffnen, die USA in eine autoritäre, illiberale Demokratie zu verwandeln.

Aber schon jetzt muss man einen weltweiten Trend konstatieren: In fast allen westlichen Demokratien geben die Wähler autoritären, überaus fragwürdigen Personen und Parteien eine Chance. Gleichzeitig werden gemäßigte Politiker wie Angela Merkel abgewählt. Die Lehren der Geschichte – autoritäre Herrschaft führt in den Ruin – scheinen vergessen.

In Italien ist der Rechtsextremist Matteo Salvini eine ähnliche Mischung aus gefährlichem Clown und Zerstörungspolitiker – und erfreut sich bester Umfragewerte. Ähnliches gilt für Viktor Orbán in Ungarn und die Spitzenleute der AfD in Deutschland. Autoritären Grundmustern wird applaudiert, blanke Verrücktheiten werden ignoriert. In Brasilien wurde soeben mit 56 Prozent ein Mann zum Präsidenten gewählt, der als krasser Rechtsextremist gelten muss, sich für die Folter und das Umbringen von Gegnern ausspricht und selbstverständlich durch und durch korrupt ist. Salvini hat die Wahl dieses Bruders im Geiste freudig begrüßt. Fehlt nur noch, dass die Salvini-Freunde in der FPÖ es ihm nachmachen.

Für jede dieser Wahlentscheidungen lassen sich Erklärungen finden, die allerdings oft eher nach Entschuldigungen klingen: Die Leute waren halt frustriert, weil sie sich von den Eliten im Stich gelassen fühlen, sie sind Modernisierungs- oder Globalisierungsverlierer und "Abgehängte". Und natürlich die Flüchtlingsfrage. Das stimmt auch, aber es kann nicht die ganze Erklärung sein. Ist es schon wieder zu lange her, dass autoritäre oder gar diktatorische "Lösungen" ins Verderben geführt haben? Erinnert sich keiner mehr? Oder haben die Demokraten so abgewirtschaftet, dass eine Mehrheit der Wähler nicht mehr daran glaubt? Oder, das gilt natürlich für etliche europäische Gesellschaften, erkennen die Leute einen Faschisten nicht (mehr), wenn sie ihn sehen?

Vielleicht ist es einfacher: Die "normalen", demokratischen Politiker der Mitte verströmen nur noch Schwäche, Unentschlossenheit und scheinen hilflos gegenüber neuen, dramatischen Herausforderungen (Migrationskrise). Da denken sich viele, wähle ich halt die Rechten, wird schon nichts passieren. Speziell in Österreich: Kurz hält die FPÖ eh im Zaum. Ist es das? Riskieren die Wähler einfach einmal die Demokratie? (Hans Rauscher, 30.10.2018)