Nachdenklich im Bundestag: Alice Weidel und Alexander Gauland.

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Berlin – "Merkel muss weg! Merkel muss weg!" Wenn es eine Konstante bei AfD-Demonstrationen gibt, dann ist es dieser "Schlachtruf". Auch im Bundestag hört man aus den Reihen der AfD-Abgeordneten immer wieder: "Frau Bundeskanzlerin, treten Sie zurück!" Im Laufe der Jahre hat die AfD Angela Merkel regelrecht zur "Hassfigur" aufgebaut. Sogar einen eigenen Untersuchungsausschuss zu ihrer Asylpolitik hatte sie im Bundestagswahlkampf 2017 angekündigt, geworden ist daraus allerdings nichts. Und am Abend der Bundestagswahl versprach Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland unter lautem Jubel der AfD-Anhänger: "Wir werden sie jagen."

Nach Merkels Ankündigung, Anfang Dezember beim CDU-Parteitag in Hamburg nicht mehr für das Amt der Parteivorsitzenden zu kandidieren, äußert die AfD-Spitze natürlich ihre Zufriedenheit. "Es ist ein Erfolg der AfD. Ohne die AfD hätte es diesen Tag nicht gegeben", sagt Gauland. Und seine Co-Faktionschefin Alice Weidel meint: "Die Jagd, die mein Kollege Gauland angekündigt hat, ist erfolgreich."

Getrübter Triumph

Doch so ganz ungetrübt ist der Triumph nicht. Denn nun kommt der AfD ihr Feindbild Nummer eins abhanden – auch wenn die Losung ausgegeben wird, es komme ja eigentlich nicht auf die Person, sondern auf die Inhalte an.

So räumt Gauland auch ein: "Ich will gerne zugeben, wenn morgen Herr Spahn Bundeskanzler wird, haben wir es schwerer." Gesundheitsminister Jens Spahn hat seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz schon bekanntgegeben, er ist der Hoffnungsträger der Konservativen. Sollte er sich durchsetzen, dann würden wohl viele Konservative, die von der CDU zur AfD gewandert sind, wieder zurückkehren.

Das gilt auch für den ehemaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz. Mit der jetzigen Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer oder dem Regierungschef von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, könnte die AfD besser leben. Die beiden kommen vom liberalen Flügel.

Lindners berühmter Satz

Neue Optionen sieht hingegen FDP-Chef Christian Lindner. "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren" – mit diesen Worten beendete er im November 2017 die Gespräche über eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen.

Noch heute hängt ihm der Satz nach, in der Union und bei den Grünen heißt es nach wie vor, Jamaika wäre ein spannendes Projekt geworden, hätte Lindner nicht kalte Füße bekommen und alles hingeworfen.

Nach dem Ausstieg gab es immer wieder einmal Überlegungen, ob die Grünen und die FDP nicht bereitstehen könnten – wenn die große Koalition zerbricht. Doch Lindner brachte es dann auf die Formel: Jamaika nur ohne Merkel. "Jeder könnte es besser als sie", meinte er auch noch mit Blick auf potenzielle Nachfolger.

Warum er zu Jamaika nur noch ohne Merkel bereit ist, erklärt Lindner so: "Frau Merkel ist verliebt in die Grünen und hat ihre Partei auf diesen Kurs gebracht."

Apropos Grüne: Diese brauchte es für ein Jamaika-Bündnis natürlich auch. Doch die Ökopartei muss jetzt auch erst einmal abwarten, auf wen sie sich an der CDU-Spitze einzustellen hat. Mit Kramp-Karrenbauer oder Laschet könnten die Grünen wohl koalieren. Mit Merz oder Spahn wäre es schwieriger. (Birgit Baumann aus Berlin, 30.10.2018)