Terroranschläge, Umweltkatastrophen oder andere Schicksalschläge sind furchtbare Ereignisse, die vor allem den Beteiligten und Angehörigen enorm zusetzen und Kraft von ihnen abverlangen. Die Anteilnahme von Freunden hilft dabei oft, den Schmerz zu lindern. Doch auch die Öffentlichkeit interessiert sich zumeist sehr für solche Tragödien, manche, um selbst Trost zu spenden, andere aus purem Interesse oder Neugier. Manch einer versucht, es vielleicht sogar für seine eigene Sache zu missbrauchen. Die Aufgabe von Journalisten ist es dabei, der Öffentlichkeit von diesen Ereignissen zu berichten.

Dass jene Recherchen oft ein Seiltanz zwischen der Darstellung von veritablem Interesse aber auch voyeuristischer Ausbeutung sind und von sehr vielen Medien zu oft nicht mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl geführt werden, beweist nun der Brite David Hett auf eindrucksvolle Art und Weise. Mit seinem neuen, simplen Spiel "Sorry to bother you" hält der Art Designer und Spiele-Entwickler Hett der Sensationsgeilheit der Journalismus-Branche, aber auch der Gesellschaft brutal den Spiegel vor.

Verstärkung des Traumas

Dan Hett ist der Bruder eines Opfers vom Terroranschlag auf das Konzert der Popsängerin Ariana Grande in Manchester im vergangenen Jahr. 23 Menschen starben damals. Die Attacke machte weltweit Schlagzeilen. Seither sprach Hett wiederholt darüber, wie die permanenten Nachfragen und Interviewanfragen von Medien das Trauma für ihn und seine Familie zusätzlich verstärkten. Der Name des Spiels leitet sich von einer Notiz ab, welche am Morgen nach dem Anschlag von einem Journalisten unter der Tür hindurchgesteckt wurde – zu einem Zeitpunkt als noch kaum Details über den Anschlag bekannt waren. Die Notiz begann mit "I am very sorry to bother you...", also "Entschuldige vielmals die Störung..."

Reale Nachrichten

Im Spiel prasseln eine Vielzahl von Nachrichten auf ein Smartphone ein. Die meisten sind Mitleidsbekundungen von Freunden und Familie, mit der Zusicherung, dass man füreinander da sei. Mit der Zeit mischen sich jedoch immer mehr und immer schneller auch Interviewanfragen oder Anfragen zu Bildrechten, Wortspenden und dergleichen darunter. Das Spiel verliert, wer einem Journalisten antwortet oder zu viele Nachrichten auf sich hineinprasseln lässt, ohne sie vorher im Falle von Jounralistenanfragen zu löschen oder im Falle von Beileidsbekundungen zu "liken".

Hett zensierte lediglich ein paar Kontaktadressen, ansonsten handelt es sich beim Spiel ausschließlich um tatsächliche Nachrichten, die er in den Stunden, Wochen und Tagen nach dem Verlust seines Bruders bekam. Die Tatsache, dass das Spiel nach ein paar Minuten unspielbar werde, sei bewusst so konstruiert, um sich besser in seine Lage hineinversetzen zu können, so Hett zu BuzzFeed News.

Entschuldigungen

Hett wollte damit eine Diskussion anregen, was ihm gelungen ist. Einige der Journalisten hätten ihm nach der Veröffentlichung des Spiels geschrieben und sich entschuldigt, dass sie ebenfalls unter jenen waren, die unsensible Anfragen schickten. Es müsse ein Umdenken stattfinden und man müsse besser agieren, versprachen einige Journalisten.

Hett hatte bereits zuvor zwei Spieleversionen veröffentlicht, die sich mit den tragischen Stunden zwischen dem Bekanntwerden eines Vorfalls beim Konzert bis zur Bestätigung des Todes seines Bruders beschäftigen. (red, 31.10.2018)