Blick auf die alten Höhlensiedlungen, den sogenannten "Sassi", in Matera

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Das römische Amphitheater in Plowdiw

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Plowdiw/Matera – 1.148 Kilometer Autofahrt trennen das bulgarische Plowdiw und die italienische Stadt Matera voneinander. Doch eines verbindet die beiden Europäischen Kulturhauptstädte des Jahres 2019: ihre lange, bis ins Altertum zurückreichende Geschichte. Diese stellen die "Kulturstadt-Zwillinge" daher in den Vordergrund ihres kulturellen Programms, mit dem Versuch, das alte Erbe in die Modernität zu führen.

Plowdiw, gelegen im südlich-zentralen Teil Bulgariens, gilt mit seinen über 340.000 Einwohnern als zweitgrößte Stadt des Landes. Auch wenn kein genaues Gründungsjahr bekannt, rühmt man sich mit bereits in der Antike entstandenen Gebäuden und Kulturstätten, wie beispielsweise dem zum Teil noch intakten Amphitheater. Das vergleichsweise kleinere süditalienische Matera (ca. 60.000 Einwohner) erlangte vor allem durch seine Altstadt Bekanntheit, die größtenteils aus alten Höhlensiedlungen (den sogenannten "Sassi") besteht. 1993 wurden die noch bis in die 1960er-Jahre bewohnten Sassi gar ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.

Futuristische Elemente

Die Geschichte und auch die Zukunft der Städte sind Programm. In Plowdiw soll das Amphitheater als einer von vielen Schauplätzen dienen und mit Hilfe von 3D-Lichtinstallationen rekonstruiert werden. Unter den Schlagworten "Revive" und "Transform" will man mittels Ausstellungen, Theater und Installationen in der freien Natur urbane Stätten wiederbeleben und Aspekte des Kulturtourismus abseits herkömmlicher Stereotype aufzeigen.

Ein besonderes Highlight: Der "River of Imagination", ein Projekt, das den durch Plowdiw fließenden Fluss Martisa in den Mittelpunkt stellt und nach Verbindungsmöglichkeiten zwischen Historizität und ökologischer Nachhaltigkeit sucht. Gestartet wird mit einem Eröffnungswochenende von 11. bis 13. Jänner. Die "We are all Colors"-Show mit über 1.500 Mitwirkenden in der gesamten Innenstadt will zeigen, dass die Bürger Bulgariens nicht nur Zuschauer, sondern auch Mitspieler und -gestalter des Kulturhauptstadtprogramms sind.

Stadt als Festgelände

In Matera setzt man vor allem auf futuristische Elemente: Die Tanzperformance "Quantum Danza" kombiniert Theater mit Quantenphysik und widmet sich den kulturellen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts. Typisch italienisch zeigen sich auch diverse kulinarische Programmpunkte. Vom "Vegetable Orchestra" bis zur großen Kochgemeinschaft "Mammamiaaa", deren Ergebnisse über Social Media geteilt werden, sämtliche Beiträge beschäftigen sich mit Möglichkeiten der Veränderung innerhalb der eigenen Stadt. Beim großen Eröffnungsfest am 19. und 20. Jänner möchte man die 131 Umlandgemeinden der Region Basilicata und ihre Marschmusik-Tradition miteinbeziehen: Bands aus der Gegend, aber auch aus ganz Europa, sollen mit über 2.000 Musikern die ganze Stadt zum Festgelände machen.

Im kommenden Jahr wird es übrigens in Sachen Kulturhauptstadt auch in Österreich spannend: Ende 2019 soll die Entscheidung fallen, welche österreichische Stadt nach Graz 2003 und Linz 2009 Europäische Kulturhauptstadt 2024 sein wird. Bis dahin wird an den Bewerbungen gefeilt. Die europaweite Relevanz des 1985 vom Rat der Europäischen Gemeinschaft ins Leben gerufenen Programms (erste Kulturhauptstadt war Athen) ist allerdings nicht ganz unumstritten. Nicht viele europäischen Bürger dürften etwa auf Anhieb wissen, welche Städte heuer den Ehrentitel trugen. Es sind Leeuwarden (Niederlande) und Valletta (Malta). (APA, 31.10.2018)