Bei Drogenkonsumenten mit hohen Levamisolwerten ist die Hirnrinde des mittleren Stirnhirns signifikant dünner.

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Levamisol ist eigentlich ein Tierentwurmungsmittel. Wie auch gewisse Schmerzmittel und Koffein wird der Stoff aber auch als Streckmittel für Kokain eingesetzt. Bekannt sind bereits starke Nebenwirkungen auf das Blutbild und die Gefäße. "Chronische Konsumenten können zum Beispiel schlecht heilende Wunden entwickeln", erklärt Boris Quednow, Leiter einer Studie der Psychiatrischen Universitätsklinik und der Universität Zürich.

Aufgrund von früheren Studien und Ergebnissen aus Tierversuchen wurde bislang auch vermutet, dass das Tierentwurmungsmittel beim Menschen Schädigungen des Nervensystems verursachen könnte. "Levamisol war früher auch für den Menschen zugelassen, als Entwurmungsmittel und als Zusatz bei manchen Krebstherapien", so Quednow. Dabei zeigten sich Veränderungen an der weißen Hirnsubstanz. "Ob das Mittel die kognitive Leistung beeinträchtigt, hatte aber bisher niemand überprüft."

Quednow und Kollegen liefern mit ihrer Studie im Fachblatt "Translational Psychiatry" nun den Nachweis. Dafür untersuchten die Wissenschafter zunächst Haarproben von 75 Probanden, um ihren Kokainkonsum und Levamisolbelastung einzuschätzen. Aufgrund dessen unterschieden sie eine Gruppe von 26 Kokainkonsumenten mit geringer Levamisolbelastung und 49 mit hohen Werten.

Planungsfunktionen eingeschränkt

Anschließend unterzogen sie die Probanden – und zum Vergleich 78 Nichtkonsumenten – verschiedenen Tests, um ihre kognitive Leistungsfähigkeit zu überprüfen. Die Kokainkonsumenten schnitten deutlich schlechter ab als die Nichtkonsumenten. Noch stärker beeinträchtigt waren jedoch jene Kokainnutzer mit hohen Levamisolwerten, und zwar bei den Tests, die ihre höheren Planungsfunktionen prüften.

Eine Untersuchung der Hirnstruktur der Probanden zeigte außerdem, dass bei den Drogenkonsumenten mit hohen Levamisolwerten die Hirnrinde des mittleren Stirnhirns signifikant dünner war als bei jenen mit niedrigen Werten. Dies sei eine Hirnregion, die eben für höhere Planungsfunktionen eine Rolle spielt, so die Universität Zürich.

Andere Ursachen für die beobachteten Effekte konnten die Forschenden größtenteils ausschließen, wie Quednow bestätigte. "Die beiden Gruppen der Kokainkonsumenten – mit hohen und mit niedrigen Levamisolwerten – unterschieden sich nicht in ihrem Kokainkonsum oder ihrem Einkommen." Zudem sei das stark mit Levamisol gestreckte Kokain nicht günstiger gewesen.

Höhere Reinheit

Warum es überhaupt als Streckmittel verwendet wird, ist nicht klar. Eventuell soll es eine höhere Reinheit vortäuschen, oder aber die Wirkung des Kokains verstärken oder verlängern. "Zu der Zeit, als wir die Studie durchgeführt haben, war Levamisol in den meisten Kokainproben vorhanden", so der Forscher. In den vergangenen zwei Jahren sei das Entwurmungsmittel in Schweizer Kokainproben aber deutlich zurückgegangen. "Den Grund dafür kennen wir nicht, es könnten Schwankungen sein und es könnte wieder häufiger in den Proben auftauchen."

Die Autoren plädieren jedenfalls für den Ausbau von Drug-Checking-Programmen, bei denen Konsumenten anonym die Reinheit des Kokains testen lassen können. (APA, 1.11.2018)