Drei Anbieter stationsloser Miet-E-Scooter haben sich in den vergangenen Wochen in Wien breitgemacht. In der Innenstadt sieht man fast an jeder Ecke die Roller von Lime, Bird und Tier. Sie bieten eine flexiblere Alternative zu den klassischen Öffis und dem Citybike für kürzere Wege. Der STANDARD hat ihr Service getestet.

Die Roller

Die Scooter bedienen unterschiedliche Ansprüche. Für größere Menschen oder den Transport eines schweren Rucksacks bietet sich vorrangig der grün-weiße Lime-S-Scooter von Lime an. Er hat das größte Trittbrett und trägt bis zu 150 Kilogramm. Mittlerweile ist auch ein zweites, kleineres Modell im Umlauf. Bird verwendet eine adaptierte Version des Xiaomi-M365-Rollers und gibt die Maximallast mit 90 Kilogramm an. Er ist kleiner, wendiger, bietet aber weniger Platz, um die eigenen Füße bequem abzustellen.

Ein gutes Geschäft für Xiaomi ist auch der Scooter von Tier. Er stammt von der Konzerntochter Ninebot und bietet statt einer klassischen mechanischen Handbremse eine eher schwache elektronische Bremse und eine "Rücktrittbremse". Dieser Roller ist das kleinste und wendigste Modell und soll bis zu 100 Kilogramm transportieren können. Praktisch ist außerdem ein digitaler Tacho, der Akkustand und Geschwindigkeit zeigt. Alle drei Scooter erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 25 km/h.

Anmietung und Preis

Um einen Scooter anmieten zu können, benötigt man ein Handy mit Android oder iOS, die App des jeweiligen Herstellers und eine Kreditkarte für die Bezahlung. Alle Betreiber verlangen pro Fahrt einen Euro Grundpreis sowie 15 Cent je Minute. Lime und Tier rechnen dabei pro angefangenem 60-Sekunden-Intervall ab, Bird zählt für jede abgelaufene Minute. Das Mindestalter für die Nutzung ist bei allen drei Firmen mit 18 Jahren festgelegt.

Straßenverkehr und Fahrgebiet

Rechtlich gesehen gelten alle E-Scooter, die nicht schneller als 25 km/h fahren, als Fahrräder. Dementsprechend darf man auch nur auf Radwegen, in gemischten Verkehrszonen und auf für Fahrräder freigegebenen Straßenabschnitten unterwegs sein. Theoretisch ist die Verwendung am Gehsteig ohne Verwendung des Motors erlaubt, im Zweifel aber schwer beweisbar. Hingegen nicht auf Radwegen und nur im Fußgängerbereich fahren dürfen motorlose Tretroller, die als "fahrzeugähnliches Spielzeug" eingestuft werden.

Mit den E-Scootern darf man laut Anbietern das gesamte Wiener Stadtgebiet befahren. Unterschiede gibt es aber beim Parken. Lime und Tier erlauben das Abstellen in den Bezirken innerhalb des Gürtels sowie auch manchen Areale darüber hinaus, etwa Teile des 15. und 12. Bezirks oder Schönbrunn. Bird deckt hingegen ganz Wien ab. Die beiden anderen Scooter-Start-ups wollen die Parkzone aber mit der Zeit ausweiten.

Eine Fahrtaufzeichnung aus der App von Bird.
Foto: Screenshot

Apps

Die Apps der Anbieter liefern ziemlich identischen Funktionsumfang. Auf einer Karte werden nahe gelegene freie Scooter angezeigt. Dazu führen sie auch ein "Fahrtenbuch", in dem die zurückgelegten Strecken und Distanzen hinterlegt sind. Sie erlauben es weiters, einen Scooter vorübergehend für eine Fahrtunterbrechung zu reservieren – das Minutenentgelt wird dabei aber weiterverrechnet. Auch die Beendigung einer Fahrt erfolgt über die App, bei Bird und Lime muss die Parkposition des Scooters per Foto dokumentiert werden.

Ihre Bedienung ist in allen drei Fällen recht übersichtlich und logisch gehalten. Negativ aufgefallen ist allerdings die Software von Lime mit grammatikalisch teils fragwürdiger Übersetzung und Rechtschreibfehlern.

Was man noch beachten muss

Wer einen E-Scooter anmietet, sollte sicherstellen, dass dieser einen einigermaßen vollen Akku hat. Dieser lässt sich vorab per App überprüfen. Denn bei niedrigerem "Füllstand", in der Regel ab circa 40 Prozent, lässt die Leistung der Scooter spürbar nach. Sie beschleunigen wesentlich langsamer und quälen sich Steigungen dann in Schrittgeschwindigkeit hinauf. Auch die Anzeige des Füllstands ist in niedrigeren Bereichen nur noch mäßig zuverlässig. Wer also nicht plötzlich inmitten seiner Fahrt "stranden" will, sollte keinen Scooter nutzen, der ohnehin schon fast "leer" ist.

Während das Fahren im Regen mit allen drei Scootern prinzipiell problemlos geht, sollte man dennoch genau auf potenzielle Gefahren am Boden achten. Anhäufungen von nassem Herbstlaub sind etwa zu meiden. Auch bei Schneematsch im Winter ist man mit den Öffis oder am Rad wohl sicherer unterwegs. (Text: Georg Pichler, Video: Andreas Müller, Ayham Yossef, 5.11.2018)

Update, 17:25 Uhr: Lime deckt mittlerweile auch einige Gebiete außerhalb des Gürtels ab, dies wurde berichtigt.