Wien – Es ist fast ganz dunkel im Saal, und man hört dadurch anders, genauer – auch das obligatorische Handyklingeln zwischen zwei Stücken, das der Pianist mit einem Heben der Augenbrauen quittiert. Konzentration auf das Wesentliche: Das bedeutet bei Arcadi Volodos, seine atemberaubende Virtuosität auch in den Dienst von Stücken zu stellen, deren manuelle Anforderungen etwas bescheidener sind.

Die selten gespielte Sonate E-Dur D 157 des 17-jährigen Franz Schubert und die im Todesjahr kompilierten Moments musicaux D 780 gestaltet Volodos stilistisch sehr eigen, ganz in "großer" pianistischer Tradition, mit fülligem Pedal und dennoch glasklar und stellenweise höchst radikal. Die irrlichternde Überleitung zum zweiten Thema in der Sonate lässt den Atem anhalten, das erste der Moments ist wie alles in schier unglaublicher Weise klanglich abgestuft – hier fällt es besonders auf, wenn die Begleitung der rechten Hand anfangs fast hinter der Melodie der rechten versinkt: Allein das ist eine Meisterleistung. Volodos lässt weitere folgen: Zartheit und Feuer, abwechselnd und zugleich, auch bei der sinnigen Auswahl von Stücken von Rachmaninow (dessen nicht erst dank David Helfgott berühmtestem Prélude cis-moll op. 3/2 er glockenhaft helle Wucht gibt) und Skrjabin.

Ein weiterer, weiter Bogen über eine lange kompositorische Entwicklung von der traditionsverhafteten frühen Mazurka e-moll op. 25/3 bis zu Vers la flamme, wo der Gramophone-Award-Gewinner 2018 den Klavierklang zu einem lodernden Amalgam verschmilzt. Auch in den vier Zugaben (Schubert: Menuett cis-moll, Federico Mompou: Jeunes filles au jardin, Bach: Siciliana aus dem Concerto d-moll BWV 596, Skrjabin: Prélude op. 37/2) entwickelt er nochmals eine je eigene Klangwelt. Jede für sich würde eine Würdigung in einem Ausmaß verdienen, die über den hier zur Verfügung stehenden Raum hinausgeht. (Daniel Ender, 2.11.2018)