Ein in den Niederlanden im 16. Jahrhundert gefertigter Miniatursarg (Länge 7 cm), für den sich ein österreichischer Sammler gegen zahlreiche Konkurrenten aus dem Ausland mit 55.440 Euro durchsetzte.

Foto: im Kinsky

Moralisierendes Memento-Mori: Aufgeklappt wird auf drei Täfelchen der Verwesungsprozess des menschlichen Körpers dargestellt. Vergleichbare Särge befinden sich im Metropolitan Museum (New York) und im British Museum (London)

Foto: Im Kinsky

Laut neuem Gutachten ein authentisches Werk von Artemisia Gentileschi: ihre "Lucretia" fand deutlich über den Erwartungen in Australien eine neue Heimat

Foto: Dorotheum

Dass sich Artemisia Gentileschis vom Dorotheum offerierte Lucretia im Zuge der dritten Auktionswoche des Dorotheums (23.-25. 10.) deutlich über dem moderat angesetzten Schätzwert (400.000 bis 700.000 Euro) ins Ausland absetzen würde, war absehbar. In der Höhe war der einem "Gemetzel" unter mehreren Bietern folgende Zuschlag dann allerdings doch überraschend. Das Meistbot belief sich auf 1,6 Millionen Euro, zuzüglich Käuferprämie lag der Bruttopreis damit bei 1,88 Millionen Euro, die ein Privatsammler aus Australien für das Bild springen ließ.

Zum Vergleich: Im Dezember vergangenen Jahres versteigerte Drouot (Paris) ein Selbstporträt Gentileschis als Heilige Katharina von Alexandrien für 2,4 Millionen Euro. Über den Londoner Kunsthandel (Robilant & Voena) landete dieses Gemälde im Juni nun in dem Bestand der National Gallery (London): für 3,6 Millionen Pfund oder umgerechnet etwas mehr als vier Millionen Euro.

Neue Gutachten adeln

Die vom Dorotheum aus italienischem Privatbesitz akquirierte Lucretia galt bis vor kurzem "nur" als ein der Künstlerin zugeschriebenes Werk, trat jedoch zur Auktion in Begleitung eines neuen Gutachtens mit zweifelsfreier Autorenschaft an. Es war nicht die einzige Entdeckung auf kunsthistorischer Ebene, mit der sich das Dorotheum aktuell international ins Spiel brachte.

Die andere lauerte in einer belgischen Privatsammlung: das Bildnis einer Dame mit einem Papagei von Anthonis van Dyck, eine bislang unveröffentlichte und laut Auktionskatalog nun "wichtige Hinzufügung zum Werkkorpus" des Künstlers. Die Identität der Dargestellten konnte bisher nicht zweifelsfrei geklärt werden. Mutmaßlich eine "von Arenberg", zu der es ein Pendant in Form eines porträtierten Ehemannes gegeben haben dürfte. Entgegen der angesetzten Taxe (300.000-500.000) zog sie erst für 1,42 Millionen Euro (inkl. Aufgeld) von dannen

Rekordbilanz für Dorotheum

Insgesamt schlug sich die in zwei Sitzungen abgehaltene Versteigerung Alter Meister, mit höherer Verkaufsquote (57 Prozent) als zuletzt, am Ende mit stattlichen 11,95 Millionen Euro (brutto) zu Buche und schrammte am hauseigenen Rekord von April 2010 (13,89 Mio.) vorbei. Weit über dem Durchschnitt lag diesmal auch die Nachfrage in der Sektion Gemälde des 19. Jahrhunderts (4,27 Mio., Verkaufsquote 69 Prozent). Hier setzte sich das Porträt einer jungen Bäuerin des russischen Künstlers Abram Jefimovich Arkhipovs aus dem Jahr 1930 mit 442.200 Euro deutlich über den Erwartungen (150.000-250.000) an die Spitze.

Ergänzt um die Tagesumsätze der Sparten Juwelen (1,58 Mio.) und Antiquitäten (1,79 Mio.) summierten sich die Zuschläge im Dorotheum auf 19,6 Millionen Euro: das höchste Gesamtergebnis einer dritten Auktionswoche in der Geschichte des Unternehmens.

Volksfest bei "im Kinsky"

Eine solide Performance brachte auch "Im Kinsky" hinter sich, wo zeitgleich (23./24. 10.) im Rahmen der 124. Kunstauktion Ware der Gattung Gemälde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sowie Antiquitäten zur Verteilung gelangten. Der Umsatz belief sich auf 1,94 Millionen Euro, hinzu kommen unter Vorbehalt erteilte Zuschläge in Umfang von mehr als 400.000 Euro, die nun der Nachverhandlung hinter den Kulissen harren.

Den teuersten Besitzerwechsel notierte man für Abraham Teniers Gemälde Kirmesfest bei 88.200 Euro einem englischen Bieter, der sich auch die beiden Porträts der Kinder Kaiser Ferdinands I. von Jakob Seisenegger für je 69.300 Euro sicherte.

Schweizer Museum

Überraschend hohe Einzelergebnisse verbuchte man in der Sparte Antiquitäten: etwa mit einer seltenen Äbtissinnen-Uhr in Form eines Kreuzes aus dem 17. Jahrhundert, die ein Schweizer Museum für 16.380 Euro ersteigerte. Ein in den Niederlanden im 16. Jahrhundert gefertigtes Memento-mori-Objekt in Form eines kleinen Holzsarges, der aufgeklappt die Stadien menschlicher Verwesung birgt, war einem österreichischen Sammler stolze 55.440 Euro wert. (Olga Kronsteiner, 2.11.2018)