Herzlich willkommen auf dem Siegerpodest der unterschätztesten Autos. Lassen wir den Fiat Panda 4x4 links und den Porsche Cayman rechts liegen, und widmen wir uns dem Ford Fiesta ST. Da findet sich immer gern und schnell einer, der ein verächtliches "Rennsemmel" rausschmettert oder sich damit lächerlich macht, weil er sich über den Motor lustig macht.

Die 200 PS aus dem 1,5-Liter-Dreizylinder im Ford Fiesta ST lassen sich gerade dann kurzweilig mit dem Fuß dirigieren, wenn man sich die Differentialsperre geleistet hat. Sonst quietscht es gach.
Foto: Guido Gluschitsch

Im Fiesta arbeitet nun nämlich ein 200 PS starker Dreizylinder. Jetzt muss man halt wissen, dass Ford einer der wenigen Autohersteller ist, die gescheite Walzer-Murln bauen können. Und mit diesem 1,5-Liter-Aggregat haben sich die Kölner selbst übertroffen. Er kombiniert Sportwagenspaß mit einem realen Durchschnittsverbrauch von 7,4 Liter.

Zylinderabschaltung

Beim Spritsparen hilft die Zylinderabschaltung, die bei geringer Lastanforderung einen Kolben leer durchlaufen lässt. Nein, man spürt nicht, wann der Fiesta auf zwei, wann auf drei Häferln rennt.

Schaut nicht nur sportlich aus, er klingt auch so, ohne laut zu sein.
Foto: Guido Gluschitsch

Gleichzeitig ist der Motor so drehfreudig, dass man gerade im Track-Modus aufpassen muss, dass man nicht dauernd in den Begrenzer fährt. Quasi von null weg zieht der Motor durch das Drehzahlband, dass es die reinste Freude ist – und dass die Radeln jedes Mal, wenn der Grip nicht perfekt ist, ganz leise zu weinen und winseln beginnen.

Hier werfen wir einen Blick in den Innenraum.
Foto: Guido Gluschitsch

Darum ist das Performancepaket – um fast genau einen Plärra – Pflicht, wenn man den Fiesta ST nicht nur zum Posieren hernehmen will. Schmankerl des ganz genau 1.012 Euro teuren Sportextras ist das Sperrdifferential von Quaife. Und damit ist der Fiesta ST dann endgültig zum Rennwagen aufgerüstet.

Sonderprüfung Kreisverkehr

Sie lachen? Es sei Ihnen unbenommen. Weil, natürlich ist das jetzt keine 600-PS-Schickimicki-Rodel, die ins Notprogramm schalten muss, wenn ein Radsensor nicht sauber sitzt, weil sonst Hinz und Kunz von den schönsten Kreisverkehrmonumenten gehoben werden müssen. Nein, nein, im Fiesta ST muss man schon selbst Auto fahren können, wenn man damit schnell sein will.

Der Fiesta ST ist eine richtige Fahrmaschine.
Foto: Guido Gluschitsch

Dafür gibt einem Ford aber das ideale Besteck in die Hand. Den Motor haben wir ausreichend besprochen, den frechen Spruch – nein, der Fiesta ST ist nicht laut, klingt aber gerade im Inneren sehr sportlich – erwähnen wir hier nur am Rande, hat er uns ja auch nicht vorm Begrenzer bewahrt.

Fahrwerk und Lenkung

Worüber wir reden müssen, sind das Fahrwerk und die Lenkung. Wann haben Sie das letzte Mal einen Freudenschrei losgelassen, weil ein Auto so genial und scharf die Lenkbefehle umsetzte. Das kommt nicht oft vor, gell?

Das knackigste Ruder in seiner Klasse, und da gehört eine mechanische Handbremse natürlich auch dazu.
Foto: Guido Gluschitsch

Im Track-Modus – neben Normal und Sport gibt es auch noch ein Setup, das Ford nur für die Rennstrecke vorgesehen hat und in dem die Traktionskontrolle die untergeordnetste Rolle spielt – erzählt dir das Fahrwerk von jedem Staubflankerl auf der Straße.

Sitze wie Schraubstöcke.
Foto: Guido Gluschitsch

Man spürt genau, wie weit man gehen kann, darf sich im Grenzbereich spielen, und Ford ist sich auch nicht zu fein, uns im ST noch eine echte Handbremse zu spendieren, falls mit uns echt einmal die Pferde durchgehen und wir die eine oder andere Kehre zu gach angefahren sind.

Der Türkantenschutz fährt automatisch ein und aus.
Foto: Guido Gluschitsch

Also, bei der Slalomstaatsmeisterschaft kann man so jederzeit antreten. Gleichzeitig hat man aber auch ein praktisches Alltagsauto, das in seinen Abmessungen sozial verträglich ist, trotzdem einen Kantenschutz an den Türen hat, der von selbst ausfährt und sich beim Schließen der Tür wieder versteckt. Dazu hat man ein wirklich sportliches Auto mit einem vertretbaren Verbrauch, vor allem dann, wenn man im Alltag nicht nur blöd herumbolzt, zu einem sehr günstigen Preis. Ein Doppelkupplungsgetriebe wäre noch kommod, gibt es aber für den ST nicht. Das einzige Manko? Ja.

Das Mäusekino im ST.
Foto: Guido Gluschitsch

Bleibt eigentlich nur die Frage nach den drei überschätztesten Autos, gell? Na, Sie können ja einmal raten. Ich verrate nix. (Guido Gluschitsch, 8.11.2018)

Foto: Guido Gluschitsch