Neben den Wiener Sängerknaben und diversen Operettensoubretten ein wichtiger heimischer Musikexportfaktor: Elektro Guzzi aus Wien.

Klaus Pichler

Wien – Wenn es darum geht, heimische Musik in die Welt zu tragen, wird von den österreichischen Kulturinstituten noch immer gern eine Kompanie Wiener Sängerknaben oder ein Trupp Operettensoubretten in Flugzeuge gesteckt. Die Klischeekommandos plärren dann in Kioto, Schanghai oder Buenos Aires das Loblied auf die Sissi, den Skitourismus und das Salzkammergut. Im Wesentlichen wird allerdings darauf vergessen, dass unser Heimatland schon noch immer die Chance verdient hat, neben einer Vergangenheit auch noch ein klein wenig Zukunft zu haben. Ein nicht unwesentlicher Teil des Wientourismus verdankt sich immerhin auch der hiesigen Club- und jüngeren Musikkultur.

Rollkoffer voller Elektrogeräte

In diesem Zusammenhang mit am weitesten gereist dürfte das Wiener Trio Elektro Guzzi sein. Die studierten Musiker Jakob Schneidewind am Bass, Bernhard Breuer am Schlagzeug und Bernhard Hammer an der Gitarre haben im letzten Jahrzehnt nicht nur so gut wie jede Bühne zwischen mongolischer Jurte, Warehouseparty in der Banlieue, Energiegetränkedosen-Festival in Brooklyn oder Mehrzweckhalle im Obersteirischen bespielt. Mit über zwei Handvoll Veröffentlichungen haben Elektro Guzzi mit Alben wie Parquet oder Parade stetig daran gearbeitet, ihr musikalisches Alleinstellungsmerkmal zu verfeinern und breiter aufzustellen.

Vor allem bei ihren Konzerten ist es immer wieder beeindruckend, wie Elektro Guzzi die Maschinenmusik des mehr durch Repetition als Variation bekannten Techno mit nur drei klassischen Rockinstrumenten als durchaus humanoid gesinnte Roboter live und ohne Computerunterstützung auf die Bühne bringen – ein Rollkoffer voller Effektgeräte, die die Instrumente unkenntlich machen, ist allerdings dabei.

Dunkler Flow mit Gesang

Das neue Album Polybrass nun fügt ihrem Werkkatalog eine wunderbare neue Note bei. Erstens wird auf Polybrass nun auch (zwei Mal) gesungen. Das verleiht dem dunklen, hypnotischen Flow der sonst instrumental gehaltenen Tracks zusätzliche Dynamik. Zweitens sorgen drei Posaunisten in dieser minimalen Welt der Marschmusik im Angriffstempo für eine Mischung aus bedrohlichem Grummeln und bräsiger Götterdämmerung, die einen in den dunklen Stunden des Tages süchtig machen kann. (Christian Schachinger, 5.11.2018)