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Außenministerin Karin Kneissl soll sich eigentlich noch bemüht gehabt haben, der FPÖ-Führung den Migrationspakt schmackhaft zu machen.

Foto: REUTERS / Denis Balibouse

Wien – Montagfrüh hatten die Mitarbeiter des Außenministeriums ein Schreiben ihres Chefs im Posteingang. "Liebe Kolleginnen und Kollegen", beginnt Johannes Peterlik, Generalsekretär von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ), die sanfte Zurechtweisung. Es sei jedermanns gutes Recht, persönliche Ansichten zum UN-Migrationspakt zu äußern, ist der E-Mail zu entnehmen, die dem STANDARD vorliegt. Doch die "beispiellose und irreführende öffentliche Stellungnahme" einiger roter Beamter halte er für "zutiefst bedauerlich".

Frage diplomatischer Professionalität

Zuvor hatten sich am Wochenende einige Diplomaten – eine Berufsgruppe, die für gewöhnlich selten mit offener Kritik auffällt – gegen die Entscheidung der türkis-blauen Bundesregierung gestellt, den UN-Pakt abzulehnen. Das unverbindliche Dokument der Vereinten Nationen sieht internationale Standards im Umgang mit Flucht- und Migrationsbewegungen vor und wurde von Mitarbeitern des heimischen Außen- und Innenministeriums – beide blau geleitet – federführend mitverhandelt.

Der Nichtbeitritt stelle einen "Bruch mit unserem außenpolitischen Erbe seit 1955 dar" und außerdem die "Handschlagqualität und Professionalität unserer hochwertgeschätzten Diplomatie infrage", kritisierte die Offene Liste SozialdemokratInnen und FreundInnen. In der roten Personalvertretung sind rund 30 Beamte des Außenressorts aktiv.

Politiker bewerten und entscheiden

Generalsekretär Peterlik erklärt in seiner internen Entgegnung nun: "Gegenüber dem Migrationspakt bestehen klare inhaltliche Bedenken, die im – in Abstimmung mit den betroffenen Ressorts erarbeiteten – Ministerratsvortrag der Bundesregierung erläutert wurden." Es sei die Aufgabe der Diplomaten gewesen, den Pakt auszuverhandeln, aber die Aufgabe der Politik, das Ergebnis "einer politischen Bewertung zu unterziehen".

Außerdem hält der oberste Beamte des Außenministeriums fest: Österreich bleibe "auch weiterhin einem effektiven Multilateralismus verpflichtet". Die verärgerten Diplomaten hatten der ÖVP-FPÖ-Regierung vorgeworfen, diesem Leitbild mit ihrem Nein zum UN-Pakt zu widersprechen. Die rote Liste betont dabei, "irreguläre Migration" ebenfalls klar abzulehnen.

Allgemeines Kopfschütteln

Auch Außenministerin Kneissl soll sich dem Vernehmen nach noch einige Zeit lange bemüht haben, der FPÖ-Führung zu erklären, dass der globale Pakt rechtlich ohnehin keine Bindung habe und deshalb nicht in Bausch und Bogen abgelehnt werden müsse – offenbar vergeblich. Im Außenministerium wird die Stimmung nun mit "Es herrscht allgemeines Kopfschütteln" beschrieben.

Inzwischen haben mehr als 157.000 Menschen den UN-Pakt aus Protest einfach selbst "unterzeichnet" – über eine Onlinepetition des Vereins #Aufstehn. (Katharina Mittelstaedt, 5.11.2018)