Der Unmut der Gewerkschaft ist verständlich. Sie wurde bei der Einführung des Zwölfstundentages nicht gefragt, und sie wird jetzt von Türkis-Blau bei den Krankenkassen entmachtet. Es handelt sich um eine klassische Umfärbung der Sozialversicherungsanstalten, die natürlich auch kritisiert werden darf und soll.

Wie die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) das gerade macht, ist aber ziemlich daneben. Auf Facebook wird mit historischen Vergleichen gegen eine Stärkung der Arbeitgeber innerhalb der Selbstverwaltung kampagnisiert. In einem sogenannten "Faktencheck" wird erklärt, dass die Arbeitnehmer selbst zur Zeit des autoritären Ständestaates mehr Einfluss hatten und es während des Nazi-Regimes gar keine Selbstverwaltung gab. Das mag zwar historisch richtig sein, aber was will uns die Gewerkschaft damit sagen? Unter Kurz und Strache ist es schlimmer als unter Dollfuß? Nur Hitler war noch schlimmer?

Solche Botschaften zu transportieren ist absurd. Das sollte die Gewerkschaft besser können. Es finden sich viele gute inhaltliche Argumente gegen den Regierungsplan, da muss man nicht zur Ständestaat-Keule greifen. Viele Linke werfen der Koalition zu Recht vor, populistisch zu agieren, die niederen Instinkte der Wähler anzusprechen und mit Emotionen statt mit Sachpolitik punkten zu wollen. Wer so argumentiert, sollte aber nicht selbst zu den gleichen Methoden greifen. Alle Beteiligten sollten einmal tief durchatmen. (Günther Oswald, 5.11.2018)