Auf die "Krone" ist Verlass. Auch in der Debatte um den Uno-Migrationspakt. Waren aus dem Boulevardblatt noch vor kurzem auch sanft kritische Töne zu vernehmen, so ist das Organ der Rechtspopulisten nun wieder voll auf Kurz-Strache-Kurs. Eines der Indizien dafür ist eine wieder einmal völlig einseitige Auswahl von Leserbriefen, siehe die jüngste Sonntagsausgabe.

Hand in Hand mit der "Kronen-Zeitung" setzt die rechtspopulistische Bundesregierung ganz auf mangelnde Hintergrundinformationen der Bevölkerung. So verfängt die einfache Erzählung, mit einem Nein zum Migrationspakt habe Österreich seine Souveränität und Eigenständigkeit in der Migrations- und Flüchtlingsfrage gerettet. Dass der Migrationspakt nicht rechtsverbindlich, sondern ein Regelwerk zur globalen Lösung der Migrations- und Flüchtlingsfrage ist, wird weitgehend verschwiegen. Dass in dieser besonders heiklen und emotional aufgeheizten Causa auch menschenrechtliche Aspekte nicht übersehen werden sollten, läuft dem rechten Zeitgeist zuwider.

Wo bleiben die besorgten Stimmen in der ÖVP, die sich den christlich-sozialen Grundsätzen verpflichtet fühlen? Außer von Europapolitiker Othmar Karas oder Ex-Parteichef Reinhold Mitterlehner war da bisher wenig zu hören. Ja, und wo bleibt die Linke? Dabei wäre es lohnend, in der Öffentlichkeit unermüdlich die Erzählung zu vermitteln, dass sich Österreich mit einem Boykott des Uno-Migrationspakts und damit der Uno insgesamt weiter isoliert. Die Folgen: ein enormer Imageschaden für Österreich, dessen außenpolitische Vermittlerfunktion nach den goldenen Kreisky-Zeiten endgültig verloren scheint.

Rechtes Schmuddeleck

Lautstarke Gegenkräfte zur Orbánisierung Österreichs sind derzeit eher bei den Neos als bei der SPÖ zu registrieren. Bei den Sozialdemokraten bleibt der große Aufschrei gegen das immer raschere Abgleiten Österreichs ins rechte Schmuddeleck der EU aus. Damit vergibt die neue SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner eine große Chance. Doch die Hoffnung lebt.

Nicht zuletzt die bange Frage: Wozu brauchen wir einen Bundespräsidenten, der (mit grimmigem Blick) das Nein zur Uno letztlich abnickt, auch wenn es dem Staatsganzen Schaden zufügt? Ausgerechnet Alexander Van der Bellen? Haben ihn Grüne, bürgerlich Liberale, Sozialdemokraten, die Zivilgesellschaft dafür gewählt, dass er bloß ein paar harmlose Worte des Protests absondert?

Was bleibt, sind ein paar seriöse Printmedien, die ernsthaft jene Negativfolgen für unser Land analysieren. Doch die Meinungshoheit bei der Masse der Bevölkerung, die ihre Informationen vornehmlich aus dem Boulevard bezieht, haben längst Kurz, Strache und "Krone" erobert. (Udo Bachmair, 5.11.2018)