Die Plakate "Pizza Kriminale" und "Nudelfall ungelöst" sind am Eingang der U6-Station Michelbeuern kaum zu übersehen. Der 26-jährige Armin kontrolliert mit einem Blick die Abfahrtszeit auf der Anzeige am Bahnsteig. Darunter scheint "Essverbot beachten" auf. Er meint dazu: "Ich finde das Essverbot gut, aber die Kampagne ist übertrieben. Die Durchsagen waren anfangs okay, aber irgendwann weiß man es."

Eine junge Frau wartet ein paar Meter weiter, ihre Unterarme stützt sie auf dem Kinderwagen ab. Sie spricht sich für ein Essverbot für Erwachsene aus, findet es aber nervig, dass auch die kleinen U-Bahn-Gäste davon betroffen sind: "Manchmal ist es besser, Kinder haben einen Keks, als dass sie weinen." Die 34-jährige Isabella ist hingegen vollkommen überzeugt vom Essverbot: "Ich finde es gut, obwohl ich oft Hunger habe."

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Seit zwei Monaten gilt diese Regelung in der U6. Ursprünglich hätten nur intensiv riechende Speisen wie Döner und Pizza aus der braunen U-Bahn-Linie verbannt werden sollen. Daraus wurde nach einer Onlineumfrage unter Fahrgästen aber ein generelles Essverbot, das ab Mitte Jänner 2019 auf alle U-Bahn-Linien ausgeweitet wird. Laut der Sprecherin der Wiener Linien, Kathrin Liener, würden die Sicherheitsleute und Servicekräfte seitdem über weniger essende Fahrgäste in den U-Bahnen berichten. Offizielle Zahlen gibt es noch nicht.

Passagiere im Juli 2018 über Döner und Deos in der U6
DER STANDARD

54 Millionen Liter Abfall

Auch Rudolf Köstinger, der für die Fahrzeugreinigung bei den Wiener Linien zuständig ist, zieht ein positives Resümee: "Der Müll in den Wagons ist spürbar weniger geworden. Wir stellen seit der Einführung des Essverbots vor allem tagsüber weniger Essensreste auf Sitzen oder Böden fest und auch weniger liegengelassene Verpackungen."

Insgesamt häufen sich jährlich 54 Millionen Liter Müll im Wiener U-Bahn-Netz an: der Großteil davon in den 162 U-Bahn-Zügen, der Rest in den Stationen. Liegengelassene Zeitungen und andere Gegenstände werden täglich schon abseits der Stoßzeiten nahe den Endstationen aus den Fahrzeugen entfernt, bevor abends und nachts bis zu 400 Mitarbeiter für die Innenreinigung im Einsatz sind. Sie kehren die Wagons aus, wischen Handgriffe und Haltestangen ab und beseitigen starke Verschmutzungen. Alle sechs bis acht Wochen steht eine gründliche Nassreinigung an: Dabei stehen das Entfernen von Kaugummis und das Putzen von Fenstern und Sitzen auf der To-do-Liste.

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Neben dem Essverbot wurden U6-Fahrgäste in diesem Jahr auch mit einigen anderen Aktionen konfrontiert: Über die Sinnhaftigkeit mancher Maßnahmen lässt sich jedoch streiten. So wurden etwa Deos gegen Geruchsbelästigung verteilt. Zudem wurden – in nur einem Wagon – bunte Halteschlaufen angebracht, die "gegen triste Herbsttage" helfen sollen. Die neueste Kampagne für respektvollen Umgang in den Öffis wirbt mit Bildern von Austrianern neben Rapidlern in der U-Bahn. Das U6-Maßnahmenpaket beinhaltet auch Sonnenschutzfolien, Lüftungskiemen und Bodenmarkierungen. Die Klimaanlagennachrüstung wird noch getestet.

Anblicke wie dieser sind in der U6 seit zwei Monaten ein No-Go: Leberkäsesemmel, Kebab und Co sind verboten. Für sensible Nasen und auch das Reinigungsteam ist dies eine Erleichterung.
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Mit Jahresbeginn hat auch eine 600.000 Euro teure Tandemwaschanlage die 20-jährige Vorgängerin im Betriebsbahnhof Michelbeuern abgelöst. Die weiß gekachelte Waschstraße ist langgezogen: Immerhin muss ein 120-Meter-Zug darin Platz haben. Sie ähnelt einer riesigen Autowaschanlage: Zwei Portale mit jeweils drei großen rot-schwarzen Bürsten, 1,8 Liter Waschkonzentrat und 3000 Liter Wasser kommen dabei zum Einsatz.

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Dusche alle zwei Wochen

Der Großteil des Wassers wird recycelt. Innerhalb von zwei Wochen werden alle 36 U6-Garnituren zumindest einmal äußerlich gereinigt. Die restlichen Linien werden in den Bahnhöfen Erdberg, Leopoldau und Wasserleitungswiese geduscht. Der Grund dafür: Die U6 hat als einzige Linie eine Oberleitung.

Strom und Wasser können eine gefährliche Mischung abgeben. Deswegen kontrolliert Andreas Zwieauer (47) auch nochmals, ob der Strom ausgeschaltet ist, bevor der Erhaltungswerkmeister den grünen Startknopf auf dem Touchscreen drückt. Die Bürsten fangen an zu schrubben, die zwei Portale arbeiten sich entlang Fenstern, Türen und U-Bahn-Dach nach hinten. Wasser sprüht durch die Luft. Im Hintergrund ist der Verkehrslärm des Währinger Gürtels zu hören. Nach zwölf Minuten stoppen die Bürsten und lassen einen glänzenden Zug und den Geruch nach Reinigungsmittel zurück. Das Wasser läuft anschließend ab und trocknet rückstandslos. Einen Föhn braucht die U6 nicht.

Häufige Verschmutzungen sind Oberleitungsabrieb und Gummioptik von Schuhsohlen, die beim Einfahren der Züge gegen die Seitenwände der Wagons gehalten werden. Kurz- und Intensivprogramm sind jedoch nicht allem gewachsen: Bei Graffiti hilft nur Schrubben mit Spezialreiniger. (Laura Schwärzler, 06.11.2018)